In Deutschland glaubt man eigentlich nicht dran, dass Musikzeitschriften einen wirklichen politischen Wirbel auslösen können. Doch in den USA leistet sich der Rolling Stone seit Jahren eine Politberichterstattung von höchstem Niveau. Neuestes Beispiel ist die Story „The Runaway General“ von Michael Hastings über den General Stanley McChrystal, Oberbefehlshaber der amerikanischen und der NATO-Truppen in Afghanistan. Wahrscheinlich wird Obama den Militär wegen dieses Artikels feuern.
Der echte Feind, seien die „wimps in the White House“, umschreibt der RS das Thema des Artikels. Und Hastings schildert einen Militär, der Afghanistan und den Krieg mittlerweile fast zu seiner Privatangelegenheit gemacht hat. Dass er dabei für seine Regierung nur Verachtung übrig hat, merkt man in jeder Zeile.
Als Reaktion auf den weltweiten Medienrummel hat der Rolling Stone jetzt schon vorab die Geschichte von Hastings komplett im Internet veröffentlicht. Eine Lektüre ist wirklich empfehlenswert, wenn man das Denken verantwortlicher Militärs ein wenig besser verstehen will.
Bleibt für mich als deutschen Leser nur die Frage danach, warum deutsche Blätter so selten mit derartig enthüllenden Beiträgen auf hohem Niveau zu lesen sind. Neben dem Spiegel sind es meiner Meinung nach vor allem die (oft von den amerikanischen Kollegen übernommenen) Beiträge des Rolling Stone, die einem in Reportageform deutlich machen, wie es in den Brennpunkten der Welt zugeht. Das ist ein deutliches Kompliment für die Musikpresse – aber leider ein Armutszeugnis für die anderen Medien im Lande.