Jürgen Kerth (Foto: Ronny Marzok)

In der DDR bildeten sich Mitte der 70er Jahre in Sachsen, Thüringen und in Berlin Zentren der Bluesmusik. Berlin und der Süden – auch musikalisch waren das verschiedene Gegenden. Die Berliner spielten eher harten Bluesrock oder brachten eine eigene deutsche Note mit ein. Im Süden (sprich: in Thüringen und Sachsen) war man eher am schwarzen Blues, der in Jazz und Soul wanderte, interessiert.  Bestes Beispiel dafür ist Jürgen Kerth, den B.B. King einst bei einem Konzert als Deutschlands besten Gitarristen angekündigt hat.

Geboren 1948 in Erfurt, ist er der Stadt bis heute treu geblieben. Die erste Gitarre kaufte er sich 1962, gemeinsam mit Heinz-Jürgen Gottschalk und dem späteren Bassisten Roland Michi begann er mit Rock ’n’ Roll und Beatlestiteln. 1965 gründeten sie Erfurts erste Beatkapelle, die Rampenlichter. Doch nach ersten Konzerten selbst in Ungarn folgten Boykotte der Veranstalter. Auch Nachfolgegrupppen der Rampenlichter wurden 1968 verboten.

1971 wollte Kerth dann Berufsmusiker werden. Und da er es geschafft hatte, einen eigenen Titel im Rundfunk zu platzieren, bekam er einen Berufsausweis (für den man sonst eigentlich ein Hochschulstudium abgeschlossen und eine entsprechende „Einstufung“ zu machen hatte). Mit Renft gehörte Kerths Gruppe zu den beliebtesten Live-Bands der damaligen Zeit. Andere Gruppen wie Lift oder Uve Schikora versuchten, den Gitarristen abzuwerben. Doch er blieb stur.

„Die Ostdeutschen sind sowieso authentischer im Blues, denn diese Musik war für sie, genau wie für mich, Frustbewältigung und Suche nach persönlicher Freiheit.“

Neben Songs von Johnny Winter, Rory Gallagher und John Mayall fanden auch seine eigenen Lieder Gefallen bei den Bluesern des Ostens. Etwa das Lied von Helmut oder Erfurts inoffizielle Hymne „Martha“. Vorbilder waren ihm Otis Redding, Ray Charles undIsaac Hayes. Zum Blues und Soul mischen sich bei ihm aber auch Reaggeaklänge, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Und Clapton ist überhaupt sein großes Idol.

1977 und 78 wurde Kerth zum Besten Blues-Gitarristen der DDR gewählt. Und trotz seiner Weigerung, nach Berlin und damit in die Nähe von AMIGA zu ziehen, gelang es ihm, drei Platten aufzunehmen. Doch nach dem Konzeptalbum „Gloriosa“ über Erfurts berühmte Glocke, war damit Schluss. Vielleicht waren die Texte den Oberen zu christlich angehaucht. 1999 erhielt er, nicht nur für diese Platte, den Kulturpreis der thüringischen Landeshauptstadt.

Live war und ist er bis heute aktiv. Selbst bei amerikanischen Bikertreffen in Florida hat er gespielt. Wenn er auch wegen George Bush und dem Irakkrieg zur Zeit keine Touren in die USA mehr macht. Nur die Idee einer neuen Platte hat er wohl endgültig zu den Akten gelegt, seit er 1998 bei BMG Amiga vorstellig wurde und aufgefordert wurde, erst mal ein Demo einzureichen, damit man wisse, was er den eigentlich mache. 2006 erschien eine Blues-Anthologie von ihm mit teilweise bislang unveröffentlichten älteren Stücken und Live-Aufnahmen. Aber das war’s dann leider auch bis heute.