Er wollte so viel wie möglich über mögliche Gegner und Verbündete wissen. Doch sein Privatleben hielt J. Edgar Hoover so geheim wie möglich. Clint Eastwood schildert den legendären Gründes des FBI als bemitleidenswerten und monströsen Menschen voller Komplexe und Ängste.

Wie kann man ein Leben zum Film machen, von dem zahlreiche Fakten noch immer mit großen Ungewissheiten behaftet sind? Bei J.Edgar Hoover, der mit seinem FBI die Verbrechensbekämpfung auf eine moderne Basis stellte, ging Eastwood den scheinbar konventionellen Weg einer Biografie: „J Edgar“ (Drehbuch: Dustin Lance Black) verfolgt Hoovers Leben in zahlreichen Zeitsprüngen von 1919 bis zum Tode mit dem Schwerpunkt nicht auf den Haupt- und Staatsaffären sondern dem persönlichen Erleben.

Er versucht damit, die von Hoover selbst bis zuletzt festgehaltene Maske, ein wenig durchsichtiger zu machen. Und er hat dabei mit einem entscheidenden Manko zu kämpfen: Dieses, gerade das im Film geschilderte persönliche Leben ist eigentlich so unbekannt wie nur denkbar. Hoover selbst hat immer nur die Legenden weitergestrickt, die andere in Umlauf gebracht haben. Er hat Dinge als sein Verdienst ausgegeben, die eigentlich seine Behörde erreicht hat. Und er hat alles, was ihn in der Öffentlichkeit hätte diskreditiert hätte, komplett mit dem Mantel des Schweigens bedeckt. War Hoover homosexuell? Der Film deutet das nur an.

Hoover, so der Film war ein bemitleidenswertes Monster. Ein Muttersöhnchen, das niemals wirklich in der Lage war, Gefühle zu äußern und zuzulassen. Einer, der überall Feinde witterte und diese mit einem monströsen Netz Ermittlern überwachen ließ. Am Ende seines Lebens – und das ist der filmische (und fiktive) Ansatzpunkt lässt er seine persönlich geschönte Version seines Lebens von wechselnden FBI-Agenten zu Papier bringen. Zu dem Zeitpunkt ist er von Bitterkeit und Enttäuschung schon völlig zerfressen. Die Ursache für als die Phobien und Manien Hoovers liegt in Kindheit und Jugend vergraben. Da ist die Mutter, die ihm selbst die Krawatten für ein Rendevouz vorschlägt, die ihn bei aller Zuwendung nicht zu eigenen Entscheidungen kommen lässt. Da ist das Erleben von Bombenaschlägen auf seine Vorgesetzten, die in ihm die Gewissheit einer umfassenden kommunistischen Verschwörung festigt. Da ist die Angst, als unverheirateter Außenseiter dazustehen, der ihn zu einem aussichtlosen und übereilten Heiratsantrag treibt. Da ist der Wahn, alles Wissen in sein Katalogsystem packen und damit handhabar machen zu können. Letztlich bleiben Geheimnisse um Hoover offen. Doch Eastwoods Deutung der Figur sorgt dennoch für soviel Erklärung wie möglich.

Erzählt wird all das in der von Eastwoods letzten Filmen bekannten ruhigen und fast bedächtigen Erzählweise. Dialoge – und vor allem die Schauspielkunst von Leonardo DiCaprio, Naomi Watts als seine ergebene Sekretärin Helen Gandy und Armie Hammer als sein Stellvertreter (und Geliebter?) Clyde Tolson stehen im Mittelpunkt des in eisig kalten Farben gehaltenen Streifens. Der Lauf der Jahrzehnte wird durch teils großartige (DiCaprio) teils peinliche (Hammer) Masken sichtbar gemacht.