Nach „Living Proof“ und dem Heimspiel von „Live At Legends“ veröffentlicht Buddy Guy mit „Rhythm & Blues“ 2013 gleich ein Doppelalbum. Und das ist – mal wieder – ein Beweis dafür, dass es zur Zeit einfach keinen weiteren Bluesgitarristen gibt, der ihm das Wasser reichen könnte. Daran können auch teilweise überflüssige Gastauftritte von Kid Rock oder den Mannen von Aerosmith nichts ändern.

Zuerst ist da dieser Funkbeat, die Muscle Shoal Horns hauen präzise Bläserriffs ein, die Hammondorgel von Reese Wynans setzt die nötigen Akzente. Und dann die Gitarre: Buddy Guy – sofort bei der ersten Note kann man seinen Ton identifizieren. „Best In Town“ heißst der Opener der ersten CD („Rhythm“). Und der Song stimmt einfach: musikalisch sowieso. Aber auch vom Titel her: Wenn junge Bluesgitarristen häufiger Buddy Guy als irgendwelche hochgelobten Bluesrocker hören würden, dann wäre der Musik gedient. Ein Musiker muss seinen Sound finden, seinen Stil – und wenn er ihn gefunden hat, dann muss er seine Geschichten auf den Saiten erzählen. Und genau das zelebriert Buddy Guy zwischen zeitgenössischem Chicago-Blues und souligen Funkausflügen. Klar: Die Produktion ist volles Breitbandkino mit Backgroundchor und allem Pipapo. Doch wenn Guy Stücke wie „I Go By Feel“ singt und spielt, da vergisst man all diese ganzen Zutaten und lässt sich einfach seine Geschichte erzählen, für die es oft nicht mehr braucht als seine Stimme und diese unwahrscheinlichen schneidenden, rasenden, mäandernden Gitarrenlinien.

Auch „One Day Away“ ist einer dieser „Über“-Songs. Guy wird hier von Keith Urban an Mikrophon und Gitarre begleitet. Und das ist eine der gelungenen Kollaborationen auf „Rhythm & Blues“. Auch „What You Gonna Do About Me“, was Guy gemeinsam mit einer absolut überzeugenden Beth Hart singt, zählt zu den Highlights. Und auch „Blues Don‘t Care“ mit Gary Clark Jr. macht eine Menge Spaß: Klassischer Shuffle-Blues mit zwei gutgelaunten Sängern und zwei guten Gitarren, die niemandem etwas beweisen müssen.

Was man von dem Junior-Wells-Klassiker „Messin With The Kid“ nicht unbedingt sagen kann. Kid Rock, der immer häufiger auf Bluesalben auftaucht in den letzten Jahren ist einfach kein Bluessänger. Auf ihn sollte man wirklich verzichten, wenn man seine Gäste einlädt. Oder hat er inzwischen so einen Status wie Eric Clapton vor einigen Jahren, als er einen Kritiker zu der Bemerkung veranlasste, er würde überall mitspielen, wo man ihn nicht ausdrücklich ausgeladen hat?
Etwas gelungener – wenn auch für mich nicht wirklich überzeugend ist „Evil Twin“ auf CD 2 („Blues“), wo nicht nur Stephen Tyler von Aerosmith als Sänger mitwirkt sondern mit Joe Perry und Brad Whitford auch der größere Rest der Hardrocker.
Aber eigentlich braucht‘s diese Gäste sowieso kaum: Lieder wie das schmerzhaft persönliche „I Came Up Hard“, der Boogie „Never Gonna Change“ oder der swingende Soul von „Poison Ivy“, mit dem CD 2 endet decken eine Bandbreite des zeitgenössischen Blues ab, wie es besser kaum vorstellbar ist.

Zwar erreicht „Rhythm & Blues“ für mich nicht die umwerfende Tiefe von „Living Proof“ oder „Sweet Tea“. Dennoch ist das ein uneingeschränkt empfehlenswertes und mehr als nur sehr gutes Album.