Live sind One-Man-Bands nicht umsonst eine beliebte Attraktion: Es ist faszinierend den Musiker zu beobachten, wie er zahlreiche Instrumente gleichzeitig bedient und damit das Fehlen von Kollegen übertüncht. Doch leider sind musikalisch überzeugende One-Man-Bands die große Ausnahme. Wie etwa Ben Prestage aus Florida.
Aufgewachsen ist Prestage in einer seit Generationen musikalischen Familie. Seine Urgroßmutter war mit dem großen Showman Al Jolson auf Tour und spielte in Medicine Shows Anfang des 20. Jahrhunderts. Ihre Tochter war eine Boogiepianistin und infizierte den aufwachsenden Ben ebenso wie sein Großvater väterlicherseits. Der brachte ihm (er war einer der Sharecropper von Mississippi) die Klänge und die Kultur des Blues im Allgemeinen und von Mississippi im Besonderen bei.
„Als ich aufwuchs, gab es bei uns nur eine Art von Musik zu Hause“, erzählt Prestage. „Egal of es auf einem Instrument oder von alten Platten gespielt wurde, es war Blues.“ Erst als er vierzehn Jahre alt war entdeckte er bei Besuch von Nachbarn eine andere Musik. Der hatte in seiner Wohnung ein Banjo stehen und brachte dem Teenager Bluegrass nahe. Er brachte ihm das Picking auf dem Instrument bei – vorher hatte er immer ein Plektrum verwendet.
Später zog es Prestage nach Memphis, wo er ein Straßenmusiker auf der berühmte Beale Street wurde. Dort fand er auch die Idee für sein heute genutztes Drum-Kit. „Zuerst spielte ich nur allein mit Gitarre und Gesang. Die Leute mochten es, doch mit all der anderen Musik auf der Straße war es schwer, sie zu fesseln.“ Er beobachtete Musiker, die Schlagzeug mit ihren Füßen spielten. Und egal ob sie gut dabei waren – der Showeffekt wirkte auf die Leute. Und so begann auch er – um die Aufmerksamkeit der Leute zu gewinnen – damit, Schlagzeug mit den Füßen zu spielen. Und er merkte, dass die Variante, das Schlagzeug mit vier Fußpedalen zu bedienen, auch die Musik insgesamt bereicherte. „Die Leute hörten nicht nur zu und kauften Platten, sondern sie begannen jetzt auch zu tanzen und zu feiern.“ Später fügte er seinem Instrumentarium auch noch ein Lowebow hinzu, eine von der One-Man-Band John Lowe aus einer Zigarrenkiste gebaute Gitarrenvariante. Die hat sowohl Bass- als auch Gitarrenseiten, die gleichzeitig und unabhängig von einander gespielt werden können. Und wenn er jetzt mit Händen und Füßen gleichzeitig spielt, erfüllt er natürlich optisch das Klischee einer showgeprüften One-Man-Band.
Doch musikalisch hat er mehr zu bieten als seine Kollegen. Denn man vergisst beim Hören diese Beschränkungen: Bass und Gitarre und Schlagzeug klingen nicht wie ein Musiker, der all das bedient sondern wie eine echte Band. Und seine Songs vereinen mittlerweile nicht nur den Mississippiblues und den Swamp-Blues aus den Sümpfen Louisianas. Auch Bluegrass und Americana kann man in seinen Liedern hören und auch Funk oder was sonst auch immer gewünscht wird. 2006 wurde er bei der International Blues Challenge als einer der drei besten Performer ohne Plattenvertrag weltweit gefeiert. Mittlerweile gibt es im Internet fünf Alben des Bluesman, die bei Amazon als Downloads erhältlich sind. Zuletzt erschien 2008 das Doppelalbum „Live at At Pineapple Willy’s“ mit 27 Stücken zwischen Delta Blues und New Orleans Funk.
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