In einer kleinen Serie möchte ich mal den Blues von der bayerischen Seite her betrachten. Wer spielt in Bayern Blues und vor allem wo kann man Blues in Bayern spielen und hören. Der erste Beitrag der Serie setzt Rusty Stone und seinen Duopartner Robert Richter ins Licht.
Rusty Stone ist gut bekannt als Reverent Rusty und seinem Trio und Robert Richter ist im Münchner Bereich durch Auftritte mit Titus Waldenfels gut bekannt. Aber warum jetzt beide zusammen? Wir haben die Gelegenheit, beide zu einem Auftritt in der Schrottgalerie zu treffen, der für Beide sogar leicht denkwürdig wird. Davon aber später mehr.
Die Schrottgalerie von Sven Friedel ist eine Begegnungsstätte oder „Forum für den freien Geist“ in Glonn bei München, wo sich Musiker und bildschaffende Künstler die Klinke in die Hand geben. Musiker mit kleinen, leisen akustischen Auftritten haben hier genauso eine Stätte gefunden wie auch der Sammeltrieb von Sven Friedel, der hier allerlei schrottig-künstlerische Gegenstände zur Schau stellt wie auch Vernissagen und Lesungen organisiert. Als Ergänzung stellt hier Hanno Größl seine Steinmetzarbeiten aus. Die Musikerliste liest sich wie das Who-is-Who der lokalen und weiterentfernten Liveszene: Schorsch Hampel, Dr. Will, „Sir“ Oliver Mally, Black Patty und viele mehr. Das Konzept ist einfach: Sven Friedel öffnet seinen Galerieraum, stellt Getränke auf Vertrauensbezahlbasis zur Verfügung und die Band spielt gegen den Hut. Damit die Künstler nicht ohne signifikante Gage nach Hause gehen, läutet Sven seinen Hutgang immer wie folgt ein: „Klimpern darf es nicht, aber rascheln soll es“
Heute Abend stehen zwei Musiker unterschiedlicher Couleur auf dem Programm: Rusty Stone, stadtbekannter Bluesmusiker und Robert Richter, „grenzenloser“ Songschreiber und zupfinstrumentespielender Sänger. Im Rahmen eines Interviews stellen sich die beiden Musiker und Ihre Pläne vor.
WP: Wir kennen Rusty Stone aus seinem Trio. Wir haben Deine CD ja bereits rezensiert, aber wo kommt Robert Richter her?
Rusty+Robert: Der Robert hat bei der „Blues District“ gespielt, das war eine alte Blues Band. Wir wussten von einander, aber wir haben nie zusammen gespielt. Letztes Jahr hat mich der Robert angerufen, ob ich Lust habe, Unterricht zu geben. Ich sagte „Ja, warum nicht, weil bei mir hat sich alles etwas verschoben“. Das Trio Reverent Rusty ist natürlich vorrangig und wir sind wieder auf Tour z.B. im Chiemgau Blues Club. In der Musikschule haben wir uns dann wir uns ein paar Mal getroffen, gejammt und uns die Frage gestellt, ob wir nicht mal als Duo was machen können. Dann haben wir festgestellt, das, wo andere Bands jahrelang proben, es bei uns ohne proben trotzdem passt. Wir wollten dann eine eigene CD zum Verkaufen und Bewerben aufnehmen.
WP: Was ist das Programm vom Duo im Gegensatz zum Trio?
R+R: Das geht in die Richtung Tom Waits und Bob Dylan, also Americana. Teilweise Folk und rockiger Blues. Der Blues ist nicht 100% im Zentrum des Geschehens. Wir spielen zwar „You gotta move“ und wir teilen die Vorliebe für die alten Bluesleute wie Fred McDowell oder Blind Willie McTell, aber Robert mag Bob Dylan. Wir versuchen halt , innerhalb des ganzen Themenspektrums von Blues, Folk und Country allzu viele Etiketten zu vermeiden. Wenn Du zu zehn verschiedenen Leute über Blues sprichst, bekommst Du zehn verschiedene Vorstellungen von Blues. Vom Robert Johnson bis Gary Moore ist halt alles Blues. Auch möchten wir unser eigenen Songs mit einbringen.
WP: Ihr habt das Wort „CD“ schon in den Mund genommen. Was ist da geplant?
R+R: Du kennst ja meine CD „Struggle“ und die ist ja sehr aufwendig gemacht worden. Jetzt wollen wir fast wie „home recording“ in der Musikschule FMZ als one-takes aufnehmen: Ein Mikrophon in den Raum stellen, schauen, dass es gut da steht und dann „You Hear What You Get“.
WP: Und wann ist das geplant?
R+R: Das ist jetzt die andere Frage. Wir sind beide ziemlich eingespannt. Vorgenommen haben wir uns es gestern, versuchen tun wir es heute und schaffen tun wir es vielleicht übermorgen.
WP: Wird das noch was für dieses Jahr?
R+R: Hoffentlich. Sagen wir mal so: Vornehmen tun wir das. Aber das ist immer eine Timingsache.
WP: Wohin geht dann die Reise?
R+R: Wir lassen das jetzt einfach mal wuchern. Das ist unser 6. Konzert.
WP: Habt Ihr gesehen, dass die Blues Challenge in Eutin ohne nennenswerte Beteiligung aus dem süddeutschen Raum stattfand?
R+R: War nicht mal Black Patti dabei?
WP: Nein, nicht mal die. Woran kann das liegen, dass die süddeutschen Bands nicht im Norden und umgekehrt spielen?
R+R: Das Problem liegt an den Gagen und der Fahrerei. Es gibt da kein Netzwerk, um den Austausch mal zu verstärken. Wenn die Kosten reinkommen, dann würden wir es mehr als Promotion sehen, um für uns für später Werbung zu machen. GEMA-Kosten tun das ihre, um die Veranstaltungskosten ungünstig erscheinen zu lassen. Früher haben die Wirte nach einem guten Konzert zwei Fässer Bier bei der Brauerei nachbestellt und heute halten sich die Gäste an einem Glas Wasser fest.
WP: Wenn ich mich hier in der Schrottgalerie so umschaue, dann ist es mehrheitlich weibliches Publikum. Seid Ihr die „Frauenversteherband“?
R+R: Das ist reiner Zufall, weil deren Männer heute bei der Hitze im Biergarten sitzen.
Nach diesem Interview ging es für Rusty Stone und Robert Richter an die Arbeit. Die beiden treten 100% akustisch auf. Im Verlauf des Abends präsentieren sie Songs, die beider Neigungen entsprechen. Rusty ist der Bluesman und Robert macht seinem Vornamensvetter Herrn Zimmermann Ehre. Was man aber hört, ist das Nebeneinander der beiden großen Stilrichtungen Blues und Folk. Ich habe ein wenig die Symbiose der Stile vermisst. Rusty steuert eine akustische Version von „Low Down Blues“ und „Born for the Blues“ aus seiner CD “Struggle“ bei, Roberts Beitrag wird durch Nummern wie der „Folsom Prison Blues“ gekennzeichnet. Was mir immer gefällt ist die Abwechslung, die durch Stücke mit Slidegitarre, Mandoline, Banjo und Blues Harp gegeben war. Aber die Überraschung des Abends zeigt den richtigen Weg auf. Rusty und Robert verkünden nämlich, dass das Duo ab sofort unter dem Namen „One More Mile“ auftritt und das untermalt, dass die beiden Herren das Projekt intensiv vorwärts treiben wollen. Die Wasser-Prawda ist gespannt auf die CD, die wir natürlich gerne in unserer Rubrik „Werkstattberichte“ verfolgen wollen.