castiglia dreamMit „Living The Dream“ zeigt Albert Castiglia einmal mehr, das er zu den wichtigsten und besten Vertretern der Bluesrockgitarre der letzten Jahre zählt. Gäste auf dem wiederum bei Blues Leaf erscheinenden Album (VÖ.: 12. Juni) sind unter anderem Sandy Mack an der Mundharmonika und Juke Joint Jonny an der Akustik-Slide.

Ok, ketzerische Bemerkung zum Anfang: Je weniger Rock, je mehr Blues in einer Scheibe drin ist, desto eher findet sie bei mir Gefallen. Bei „Living The Dream“ ist der Rockanteil von Albert Castiglia noch geringer als auf seinem Vorgängerwerk „Keepin‘ On“ aus dem Jahr 2010. Stattdessen hören wie bei dem ehemaligen Bandleader von Junior Wells jetzt ein Programm zeitgemäßer Bluesgitarre, das allerdings auch jeden Rockfans begeistern dürfte. Das geht schon beim Riff des eingängigen Openers und Titeltracks los: Alle Bremsen los und ab dafür! Das Leben des Bluesmans als einziger Traum. Nur manchmal merkt man den ironischen Unterton. Und die Gitarre singt dazu Linien, die niemals überflüssig wirken. Bei dem ebenfalls von Castiglia geschriebenen „The Man“ geht es dann gebremster groovend gegen „die da oben“ zur Sache. Nicht dass jemand denkt, Castiglia würde sich hier zu einem neuen Woody Guthrie aufschwingen – politischer Blues ist 2012 besser von Walter Trout zu hören – aber ziemlich cool ist der Song trotz alledem. Was danach kommt sind zwei Coverversionen, die die Bandbreite seiner gitarristischen Vorlieben deutlich machen: „Freddies Boogie“ ist genau das – eine Verbeugung vor Freddie King und gleichzeitig ein schöner Boogie, der den altgedienten Blueser zufrieden in seinen Kaffeebecher nicken lässt. Bei „Directly From My Heart To You“ hört man, wie gerne Castiglia zu Zeiten des klassischen Rock & Roll dabei gewesen wäre: Mit Schmalz und Schmelz in der Stimme und einem perlenden Piano von John Ginty wird Little Richards Schnulze angemessen zelebriert.

Auf diesem Niveau und mit dieser Stilistischen Bandbreite geht es weiter. Paul Butterfields „Lovin Cup“ wird nicht nur durch Alberts wilde Gitarre sondern vor allem durch Sandy Macks Bluesharp zu einem der Höhepunkte des Albums. Einer der wenigen Schwachpunkte des Albums ist für mich seine Interpreation von Mose Allisons „Parchman Farm“. Davon kenne ich wahrscheinlich schon zu viele bessere Versionen, um mich von der rockenden Maschinerie seiner Gitarre und der unwahrscheinlich tough begleitenden Band wirklich mitreißen lassen zu können. Ansonsten: beide Daumen nach oben für ein gut rockendes Bluesalbum.