Dave Watkins startet hier eine Reihe von Interviews mit Musikern. „Zehn Fragen an“ widmet sich der Liebe zum Blues ebenso wie dem (Über-)Leben als Musiker oder den Lieblingsinstrumenten. Seine erste Gesprächspartnerin war Clare Free, die küzlich von ihrer britischen Heimat in die bluesverrückten Niederlande gezogen ist.

Dave Watkins im Gespräch mit der britischen Gitarristin, Songwriterin und PR-Agentin.

1: Was war Dein frühester Musikgeschmack und wie hast Du die Welt des Blues entdeckt?
Als ich ein kleines Mädchen war, liebte ich Gruppen wie Abba, die waren zwar vor meiner Zeit, aber meine Eltern hatten Platten, die ich immer wieder auflegte. Ich hab mich in dem Moment begonnen in den Blues zu verlieben, als ich anfing, ihn zu spielen. Mein Gitarrenlehrer schickte mich zu einer Blues-Session und ich spielte so schlecht, dass ich mich schämte. Ich beschloss, mich davon nicht fertig machen zu lassen und übte den ganzen Monat Blues bis zur nächsten Blues-Session. Da spielte ich dann ein wenig besser, ging nach Hause und arbeitete weiter an meinem Blues-Spiel. Je mehr ich spielte, und je mer interessante Künstler ich da hörte, desto mehr wurde ich vom Blues regelrecht aufgesogen.

2: Wer waren die Künstler, die dich dazu brachten, dass Du diese Musik spielen wolltest. Und wann stelltest Du fest, dass Du dazu das Talent hast?
Die ersten Bluesmusiker, die ich nach meiner Erinnerung hörte, waren B.B. King und Stevie Ray Vaughan. Ich kann mich auch noch ganz deutlich an das erste Mal erinnern, als ich bewusst Hendrix hörte. Ich hörte „Star Sprangled Banner“ und dachte: das klingt furchtbar! Ich hasste es regelrecht!. Ich bin nicht überzeugt, dass ich irgendwann feststellte: Ich hab das Talent zum Bluesspielen. Auch jetzt bin nicht sicher, ob das, was ich mache, das Resultat von echtem Talent ist. Ich tendiere eher zu dem Gedanken, dass es mehr damit zu tun hat, dass ich unwahrscheinlich viel geübt habe. Wofür ich ein wirkliches Talent habe, ist Gedichte und Songs zu schreiben. Das hab ich schon immer geliebt.

3: Deine ersten Aufnahmen – hörst Du sie immer noch an? Wie beurteilst Du sie heute? Und gibt es welche, die Du nicht mehr anhören würdest?
Nein, momentan höre ich sie nicht mehr. Aber ein Stück hab ich letztens gehört und war ehrlich überrascht, wie wenig sich mein Gitarrenspiel seither verändert hat. Ich klang damals schon nach „mir“. Ich denke, einige meiner frühen Aufnahmen waren recht gut, nicht wundervoll, aber wirklich nicht schlecht.

4: Welche anderen Jobs hast Du gemacht, um Deine Musikkarriere zu unterstützen?
Für eine Weile hab ich Gitarrenunterricht gegeben (ich hab immer noch zwei Schüler), aber ich kam an einen Punkt, wo ich unzuverlässig wurde als Lehrer: In der einen Woche war ich in der Lage, Unterricht zu geben, die nächste dann wieder nicht und so hab ich das aufgegeben und zwei Jahre lang meinen ganzen Lebensunterhalt durch Livekonzerte eingenommen. Das ist eine harte Arbeit und wirklich ermüdend, und so gründete ich eine kleine PR-Agentur, die für andere Musiker arbeitet. Ich spiele jetzt nur noch die Konzerte, auf die ich auch wirklich Lust habe. Insgesamt ist das also bislang eine sehr erfolgreiche Kombination.

5: Wie schwer ist es, von seiner Musik zu leben? Und gibt es irgend etwas, dass diese Ziel für alle Musiker einfacher erreichbar machen würde?
Von Konzerten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten ist sehr hart. Allein die Gigs gebucht zu bekommen, erfordert einen riesigen Kraftaufwand. Einfacher wird es, wenn Du willens und in der Lage bist, auch in anderen Bereichen der Musik (etwa dem Unterricht) zu arbeiten. Ob es etwas gibt, dass die Lage für alle Künstler vereinfacht? Mir würde es gefallen, wenn bei den großen Plattenfirmen, Fernseh- und Radioanstalten nicht so sehr die Kontrollfreaks das Sagen hätten. Es gibt einfach dort zuviel vom gleichen Mainstream, nur wenig Vielfalt. Und vor allem wünschte ich, dass die unabhängigen, wenig vernetzten Künstler mehr öffentlich gefeiert würden.

6: Auf welchen Deiner Songs bist Du besonders stolz? Erzählst Du uns die Geschichte hinter dem Lied?
Das ändert sich immer mal, zur Zeit aber ist das ein Lied vom demnächst erscheinenden Album mit dem Titel „60 Years Young“. Ich sah das Foto eine alten Pärchens, sich an den Händen hielten und einander anlächelten: jeder sah, dass die beiden einander liebten. Ich schrieb das Lied über sie, die sich schon seit 60 Jahren lieben und einander auch noch im Alter anbeten werden.

7: Wenn Du Lieder schreibst, was kommt da zuerst: Der Text, die Melodie oder eine Vorstellung vom ganzen Song?
Für mich kommt zuerst fast immer der Groove, dann die Melodie. Und der Text entsteht dann im Laufe von mehreren Tagen. Manchmal hab ich Lieder, die liegen eine ganze Weile völlig ohne Text rum, weil ich mir noch nicht klar darüber bin, wovon das Lied eigentlich handeln soll. Ich brauch ein Thema, dass man nicht in einem einzelnen Satz zusammenfassen kann. Ansonsten ist das Lied zu Scheitern verurteilt! Ich mag Lieder, die eine echte Bedeutung haben. Jemand sagte mir mal: Schreib niemals einen Text, bloß weil Du grad einen brauchst. Schreib ihn, weil er Deine Meinung sagt und Du den Text genau dort im Lied haben willst. Das war ein guter Ratschlag und an den versuche ich mich zu halten.

8: Welches Instrument in Deiner Sammlung hast Du am liebsten? Gibt es irgend ein Instrument, dass Du gerne haben würdest oder gerne spielen können möchstest?
Zur Zeit hab ich meine Strat Plus am liebsten (auch wenn ich meine Fret King Gitarre ebenfalls liebe). Ich kaufte sie vor etwa 15 Jahren gebraucht in einem Laden in Birmingham und hab sie schon durch die ganze Welt mitgenommen. Ich behandle sie nicht besonders zärtlich und so hat sie schon einige Schrammen und Kratzer. Aber das unterstreicht meiner Meinung nach ihren Charakter ganz ordentlich.
Zur Zeit stehe ich in gewaltiger Versuchung, mir ein Banjo zu kaufen und darauf spielen zu lernen… vielleicht wird da noch was draus…

9: Wo soll es mit Deiner Karriere noch hingehen? Was sind da deine hauptsächlichen Bestrebungen?
Ich hätte gern eine ruhige Karriere, wo ich in der Lage bin, die Festivals und Läden in Europa zu spielen. Wichtig ist mir immer, dass ich Spass dran habe, großartige Musik zu machen. Letztes Jahr spielte ich zu viele Gigs und bekam etwas die Nase voll davon: es fühlte sich plötzlich an wie Arbeit. Also spiele ich in diesem Jahr weniger live und konzentriere mich mehr auf die Arbeit an meinem neuen Album mit meiner belgischen Band. Das ist zur Zeit ein akustisches Projekt und ich mach mir keinen Kopf drum, wann es rauskommt. Das wird dann sein, wenn das Album fertig ist! Und ich hab auch keine Lust drauf, in ein Plattenstudio zu gehen. Es geht um die Musik, und dass man Spaß dran hat: Darum wollen wir das Album im Haus eines Freundes mit ein paar Bier und vielen Freunden aufnehmen, dadurch wird die Stimmung wesentlich relaxter sein und das Album wird davon hoffentlich profitieren.
Ich hab das große Glück zum Schutzpatron eines Clubs namens The 61 in Vise ernannt worden zu sein, der eine nette Bar hat. Philippe, der den Laden betreibt, lässt uns dort üben, was großartig ist, weil Freunde vorbeikommen können, um ein Bier zu trinken, zuzuhören oder mit uns rumzuhängen, während wir an unserer Musik arbeiten. Und so sollte meiner Meinung nach Musik viel eher entstehen als in stinkenden Proberäumen.

10: Was machst Du außer Musik am liebsten?
Wenn ich nicht spiele oder mich um PR kümmere, dann freue ich mich, mit meiner Familie zusammen zu sein. Wir ziehen gerne los, um interesannte Dinge zu entdecken (und da gibt es eine Menge für uns, da wir gerade erst in die Niederlande gezogen sind, ein Land voller großartiger Dinge, die man sehen oder machen kann) oder sind ganz einfach zusammen.

Zusatzfragen:
A: Du bist in die Niederlande gezogen – wie kam es dazu?

Da gibts viele Gründe. Uns gefällt es hier – und mein Bruder und meine Mutter hatten beschlossen, in die schottischen Highlands zu ziehen. Ohne meine Familie in der Nähe und dem Streben nach Veränderung entschlossen wir uns einfach dazu. Das war keine schnelle, eher eine allmähliche Entscheidung, es fühlte sich nur einfach richtig an.

B: Wo kann man mehr über Dich erfahren?
www.clarefree.co.uk und für meine PR-Agentur unter outlawpr.co.uk.