Von Anfang an war die Stimmung großartig: Kaum stehen Abi Wallenstein und Henry Heggen auf der Bühne des alten Dorfgasthofs, tobt das Publikum. Um die 200 Besucher füllen den Saal und freuen sich an Klassikern zwischen Blind Willie Johnson, CCR und Canned Heat. Jedes Solo der Musiker wird abgefeiert. Und die wissen, wie man ein Publikum bei Laune hält. Wobei hier das ausgeprägte komödiantische Talent niemals eine Entschuldigung für mangelnde musikalische Fähigkeiten ist. Ganz im Gegenteil: Wie Heggen etwa den klassischen Showact jedes Harpspielers, den Trainsong, hier zelebriert, ist allein das Eintrittsgeld des ganzen Abends wert: virtuos und eigenständig, rasant und vielseitig – so großartig ist das hierzulande selten zu erleben. Abi Wallenstein liefert dazu faszinierend vielseitige Gitarrenlinien quer durch die Geschichte und die Regionen des Blues, mal direkt aus dem Delta, mal swingend im Ragtime-Blues der Ostküste und auch den hypnotischen Boogie eines John Lee Hooker holt er aus seinem Instrument hervor. Das war Blues-Entertainment vom Feinsten!

Einen gewaltigen Stilwechsel erlebte man dann mit Ben Poole. Der britische Bluesrocker hat schon 2014 mit seinem ersten Auftritt in der Region im mittlerweile geschlossenen Sotano zu Greifswald für gehöriges Aufsehen gesorgt. Mit seinem neuen Studioalbum „Time Has Come“ und einer neuen Band hatte er sich von den Machern der Bluesnacht zu einem Auftritt in Düvier einladen lassen. Mit teils ohrenbetäubender Lautstärke legte die Band los: teils heftig rockend, zu anderen Momenten mit Ausflügen in Soul und Funk musizierten die vier Briten ohne Handbremse. Und noch immer fasziniert mich dieser Musiker durch den Gegensatz zwischen seiner zupackend kräftigen Gitarre und der meist sanften souligen Stimme. Das Publikum in Düvier erlebte hier einen Gitarristen, der keine Gelegenheit zu einem virtuosen Gitarrensolo ausließ. Mal ließ er seine Gibson Feedback-Attacken reiten, mal jagte er seine Finger in rasender Geschwindigkeit über das Griffbrett. Und seine Kollegen lieferten dazu immer den passenden Groove. Bei „Have You Ever Loved A Woman“ von Freddie King, das Poole als Kind zuerst in der Fassung von Derek & The Dominos hörte, kam diese Vielseitigkeit in atemberaubender Weise aus den Boxen. Fast ebenso spannend allerdings war Pooles Zugabe auf der akustischen Gitarre, wo er teils spanisch angehauchte Melodien immer weiter spann, bis schließlich selbst ein Surfklassiker folgerichtig schien. Ohne Frage: Poole ist einer der faszinierendsten Bluesrockgitarristen des Vereinigten Königreichs.

Was auf Dauer das Erlebnis leider trübte war die viel zu hohe Lautstärke des Sets. Dieses Konzert konnte man wirklich nur mit Ohrstöpseln genießen. Schuld war hier wahrscheinlich auch die nicht ideale Akustik des alten Tanzsaales mit seiner hohen Decke. Aber vielleicht lässt sich für die nächste Auflage der Bluesnächte hier eine Lösung finden, bei der die extreme Akustik ein wenig abmildern lässt, so dass der Gesamtmix der Band ein wenig leiser gestellt werden kann. Ansonsten kann man dem neugegründeten Verein Klangfest nur zu einem äußerst gelungenen Festival gratulieren.