Eine fazinierende Mixtur: bei dem französischen Songwriter und Multiinstrumentalisten Vinz treffen die Sounds des Rhythm & Blues von New Orleans auf französische Chansons, Soul, Funk, Pop und ein wenig Reggae. Und die Musik entführt einen in die Gedankenwelten eines Dichters, der im Kampf mit sich und der Welt liegt.
Die an Hannibal Lecter erinnernde Maske auf dem Cover ist eine Hilfestellung, um sich dieses Album zu erschließen. Vom Sound her scheint alles ganz einfach: Das ist ein Album voller schöner Songs zwischen dem Sound von New Orleans zwischen Professor Longhair, Fats Domino und Alain Toussaint, der mit jeder Menge Anspielungen aus aller Welt immer wieder aufgebrochen oder angereichert wird. Von groovenden Tanzflächenfegern bis hin zu melancholischen Balladen für die späten Stunden ist alles dabei und jede Note fügt sich ein in ein schlüssiges Album.
Das Grauen allerdings, was die Maske andeutet, lauert unter der schönen Oberfläche. Hier singt einer zu sonnigen Reggae-Rhythmen von der verzweifelten Frage, ob er es denn jemals schaffen wird in dieser Welt. Eigentlich hatte man ja geglaubt, man sei der Hitze gewachsen. Aber jetzt ist die Sicherheit dahin („Make it“). Bei „Let My People Sing“ bleibt als Reaktion auf die Zustände der Welt eigentlich nur noch der Gesang übrig, um der Niedergeschlagenheit Herr zu werden. Es ist schon zu lange her, dass man einfach von vollem Herzen gelacht hat. Es fehlt in der Beziehung einfach daran, dass die scheinbar „falsche“ Seite nach einiger Zeit nicht mehr zum Vorschein kommt. („Wrong Side“)
„The Birth of Leon Newars“ ist das Debüt von Vinz, das Iguane Records in Kanada veröffentlicht hat. Es ist eine der vielschichtigsten Neuentdeckungen im Bluesumfeld seit einiger Zeit. Und wenn ich irgendwann mal Französisch erlernen sollte, verstehe ich von diesem Album vielleicht auch noch die andere Hälfte. Oder zumindest soviel, bis ich auf die nächsten Maskierungen stoße, hinter denen Vinz seine Welten vor uns immer wieder versteckt, um unsere durch den Groove geweckte gute Laune nicht völlig zu zerstören. (Iguane)