In den neunziger Jahren war Bluesrock selbst in Großbritannien so out wie Schlaghosen. Alle Welt war jetzt Grunge. Nirvana und Pearl Jam boten sich als Vorbilder an. Oder – wenn man Brite war – meinetwegen noch The Stone Roses. Was brachte in so einer Situation eigentlich paar britische Teenager dazu, gerade eine Bluesband zu gründen?

Gitarrist Jon Amor, Sänger/Harpspieler Hugh Coltman, Jess Davey Robin Davey (bg) und Schlagzeuger Dave Raeburn hatten schon seit ihren Teenagertagen zusammen gespielt. Songs schrieben sie alle gemeinsam und sie zeichneten auch für die Arrangements verantwortlich.

Entdeckt wurden The Hoax, als sie gemeinsam mit der Smokin Joe Kubek Band quer durch ganz England tourten. Mike Vernon, der vor kurzem sein Code Blue Label gegründet hatte, bot ihnen gleich einen Vertrag an. Und die Kritiker in Großbritannien machten das, was sie am besten können: Sie überboten sich gegenseitig mit Superlativen. Man verglich das Quintett mit den Yardbirds, John Mayall’s Bluesbreakers, ja selbst mit den Rolling Stones.

Dabei wird beim Hören des 1994er Debüts „Sounds Like This“ eines sofort klar: Hier spielen junge Leute, die nicht den 60er Jahren des Britblues hinterhertrauern, sondern die den rockigen Texasblues im Gefolge von Stevie Ray Vaughan lieben. Daneben liebten sie noch Pubrocker wie Dr. Feelgood aber ebenso auch die Dire Straits. Erst von diesem Ort aus begannen sie, auch die Vorgänger in der Bluesgeschichte zu entdecken: Albert King und BB King etwa tauchten auf dem Radar auf. Aber vor allem die überbordende Energie von SRV hatte sie gepackt. Er war ihr absoluter Held.

Also zogen sie die dicksten denkbaren Saiten auf ihre Stratocasters auf und spielten als weiße Mittelklasse-Kids eine Musik, die die Zuhörer zunächst ratlos zurückließ. Die beiden Gitarristen lieferten sich heiße Duelle auf der Bühne, alle steigerten sich regelrecht in einen Spierausch hinein.

Waren es am Anfang fünf Leute oder so, die die Band sehen wollten, reichten die Hinterzimmer der Pubs bald nicht mehr aus. Schon ein Jahr nach dem Beginn waren die Läden voll und Musiker wie Walter Trout kamen extra vorbei, um die Band zu sehen. Und Mike Vernon zückte seinen Plattenvertrag.

Er, der schließlich in den 60ern Bands wie Fleetwood Mac unter Vertrag genommen hatte, merkte sofort, dass hier was Besonderes im Entstehen war. Und nach dem Debüt waren die Jungs plötzlich auf Tour in ganz Europa und den USA. Schon nach dem zweiten Album „Unpossible“ machten sich aber erste Zerfallserscheinungen bemerkbar. Zunächst ging man von Vernons Label weg und gründete die eigene Plattenfirma. Dann wurde Dave Raeburn durch einen neuen Drummer ersetzt. Aber fünf Jahre und 2000 Konzerte nach der Gründung war The Hoax am Ende. Jess und Rob Davey zogen nach LA und arbeiteten als Regisseure für Film, Fernsehen und Video. Hugh Coltman begann in Frankreich eine Solokarriere. Und Jon Amor gründete seine Jon Amor Blues Group, die nicht nur im Vereinigten Königreich zahlreiche Fans hatte.

Doch die Sehnsucht nach The Hoax war bei den Fans damit nicht zu stillen. Ab und zu gab es paar Konzerte, wenn die Terminkalender es erlaubten. Erst ab 2010 ging die Band dann wieder regelmäßig auf Tour. Offiziell wurde die Neugründung bekannt gegeben. Und als die Band ein Crowdfunding Projekt im Internet starteten, um ein neues Album zu finanzieren, da war die Reaktion umwerfend. Schon in einer Woche war genug Geld zusammen.

Die Band flog für zwei Wochen nach Kalifornien und kam mit „Big City Blues“ zurück, einem Album, das genau da ansetzte, wo die Vorgänger wie „Humdigger“ oder „Live Forever“ aufgehört hatten: Das fast telepathische Zusammenspiel der Band war wieder da, Jesse und Jon spielten sich auf den Gitarren die Ideen zu. Und Harp und Stimme von Coltman hielt das ganze mindestens ebenso zusammen, wie die Rhythmusgruppe. Im Vergleich zu früher haben sie die Verwendung von Produktionstricks auf ein Minimum reduziert. Und so kommen die Songs mit mehr Druck und Intensität aus den Boxen. Kritiker und Fans waren zufrieden und hofften auf mehr.

Nach diversen Touren kam 2014 dann noch „Recession Blues“, ein Tribut an den großartigen B.B. King, der kurz nach den Aufnahmen verstarb. Es folgten dann noch Konzerte. Aber mittlerweile scheint The Hoax mal wieder zerfallen zu sein. Coltman macht zurzeit eher Jazz und arbeitet an einem Nat King Cole Projekt. Andere Bandmitglieder spielen mittlerweile mehr Punk. Ob The Hoax noch lebt? Ich weiß es nicht. Aber das macht die Geschichte ja so spannend.

Diskografie
1994: Sound Like This
1996: Unpossible
1998: Humdinger
1999: Live Forever
2013: Big City Blues
2014: Recession Blues. A Tribute to B.B. King