Musik & Intention, wie wir sie (noch) nicht alle Tage hören: Heinz Ratz mit seinem aktuellen Projekt Strom & Wasser featuring The Refugees. Nein, das ist kein spleeniger Band-Name; es geht um Musik von Flüchtlingen und das bedeutet ganz reale Schicksale von tatsächlich lebenden Menschen. Und die leben auch nicht irgendwo hinter den sieben Bergen, sondern gleich neben uns. Und das tun sie, weil sie fliehen mussten aus ihren Heimatländern, fliehen vor allen nur vorstellbaren Repressalien einschließlich dem eigenen Tod. Vieles haben diese Menschen verloren auf der Flucht, ihre Musik aber konnte ihnen niemand nehmen. Und die kennt keine Grenzen!
Heinz Ratz hat für dies Projekt im Rahmen seiner 1000-Brücken-Tour viele Flüchtlingslager besucht. Die Situationen, in denen deutsche Behörden Menschen darin leben lassen ist durchweg katastrophal. Um so beeindruckender ist der Lebenswille der Menschen, die dort leben. Für die Produktion von The Refugees haben sich weit über 30 Musiker zusammen gefunden, um gemeinsam tolle Musik zu machen.
Herausgekommen sind 16 Titel zeitgenössischer Weltmusik. Traditionelle und moderne Musiken der Völker werden mit alten und neuen Rhythmen verwoben, Folklore trifft Moderne. Über 70 Minuten sprüht es vor Lebensenergie, Zuversicht und Freude in der Musik. Da reggaeiert Rock mit Rap, Roma erklingt neben Arabia. In den Texten werden die erlittenen Erniedrigungen, der tiefe Schmerz und die ungeahnten Erfahrungen in der neuen Heimat thematisiert. Oft sind die Musiker in ihren Heimatländern schon Stars gewesen, bevor sie zu Flüchtlingen wurden. Oft war ihre Musik der Grund dafür.
Es wäre schön, wenn diese Musik ganz tiefe Wurzeln treiben würde in unsere Gesellschaft. Die Möglichkeiten dadurch einen aktiven, kreativen Beitrag zu leisten diese, unsere Gemeinschaft, ein wenig lebenswerter zu gestalten, sind ganz greifbar. Lasst uns also tun, wovon wir alle träumen. Der Gewinn ist grenzenlos.
Wir wollen an dieser Stelle aber noch Heinz Ratz das Wort geben, um uns ein wenig über die Schwierigkeiten zu berichten, die in dieser Prodktion stecken. Die Zukunft wird sicherlich auch weitere Orte finden, an denen über diese Thematik gesprochen wird.
Wir hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen – nicht nur organisatorisch – viele Flüchtlinge sind nur begrenzt telefonisch erreichbar, Internetzugang gibt es in vielen Lagern nicht oder nur sehr eingeschränkt – und auch viele Behörden machten uns Schwierigkeiten. Für jede Reise mussten wir eine Sondergenehmigung beantragen, die den Flüchtlingen nur eine genau vorgeschriebene Reiseroute gestattet. Polizeikontrollen führten zu Verspätungen, manches bereits gekaufte Zugticket ging verloren, weil Reisegenehmigungen dann in letzter Sekunde doch nicht erteilt wurden. Fast alle Roma, die ich im Flrühjahr in den Lagren kennengelernt hatte, waren mittlerweile abgeschoben worden. In einem konkreten Fall versuchte ich mit allen Mitteln. die Familie zu schützen, mit dem Endergebnis, das mir zuletzt angeboten wurde, den betreffenden Musiker doch einzustellen, allerdings müsste ich ihm ein Jahresgehalt von mind. 60.000.- Euro garantieren! In anderen Fällen hatten wir mit Ängsten und Depressionen der Musiker zu tun, leider auch mit viel biografisch bedingtem Misstrauen – vor allem Flüchtlingsfrauen sagten ab, weil sie nicht alleine nach Hamburg reisen wollten oder dem ganzen Projekt nicht trauten. Und dann die finanziellen Probleme: die Flüchtlinge haben selbst nur 40 Euro Bargeld im Monat, keine Bahncard, keine Autos – Reisekosten, Verpflegung, Hotelübernachtungen – ich war mehrfach am Verzweifeln – und bin umso dankbarer für die finanzielle Unterstützung die ich dann doch gefunden habe und für die ich danken möchte: in allererster Linie unseren tollen Strom & Wasser-Fans und den gespendeten Geldern bei Konzerten und via Banküberweisung! Dann aber auch Pro Asyl für die Übernahme vieler Fahrtkosten, der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin für die Projektförderung, der Stiftung Interkultur für die Unterstützung bei Fahrtkosten und Unterbringung der Flüchtlinge, der Firma Ambrosius aus Potsdam für die großzügige Spende und dem Verein Armut und Gesundheit e.V. aus Mainz.
Nun kann ich sagen, dieses einzigartige Projekt wird gelingen, die fast vergessene Musik aus deutschen Flüchtlingslagern wird gehört werden – auf dieser CD, im Radio, auf vielen Festivals und Clubkonzerten.
Violá – Strom & Wasser feat. The Refugees – viel Spaß!