Lattimore Brown gehörte in den 60er Jahren zu den vielen Sängern des Southern Soul. Doch nachdem ein Keyboardspieler namens Benny Latimore in die Hitparaden kam, kam es zu Morddrohungen gegen Lattimore Brown. Und der zog sich bis in die Gegenwart aus der Musik zurück.
Geboren 1931 wuchs Lattimore Brown auf mit dem Erbe der Baumwollfelder, sang Gospel mit The Shady Grove Specials. Seine Mutter und seinen Vater lernte er nie kennen. Und als zwölfjähriger musste er schon selbst zurecht kommen. Mit 17, er log in Bezug auf sein Alter, trat der der Armee bei. Nach drei Jahren in Korea machte er sich auf die Reise auf dem Highway 61 nach Memphis, wo er seine Karriere als Sänger auf der Beale Street begann, damals in der Frühzeit des Rock ’n‘ Roll.
Nach einer Zeit in einer reisenden R&B-Minstrel Show gründete er in Arkansas eine Band mit Jimmy „Buzzard“ Stewart und begann sich in den Läden des Chitlin Circuit einen Namen zu machen. In den späten 50ern erhielt Lattimore einen Vertrag mit Ernie Young’s Excello Label in Nashville, wo er seine ersten Singles veröffentlichte.
Bald zog er nach Dallas, wo er auf den Promoter Al Klein traf, der mit ihm einige Stücke für das kleine Duchess Label produzierte. Auch wurde er Partner einer anderen Lokalgröße namens Jack Ruby und eröffnete mit ihm einen Club namens The Atmosphere Lounge. Damals wurde Lattimore’s Band eine der angesehenen Truppen auf dem Circuit. Sie spielten Begleitung für jeden von Chuck Berry und Bo Diddley bis hin zu Etta James und Big Maybelle. Brown, gemanagt von Ben Bart’s Universal Attractions, konnte damit alle Größen der Zeit in seinen Club holen. Doch das alles brach mit einem Mal zusammen, als Ruby Lee Harvey Oswald live im Fernesehen erschoss 1963.
Al 1965 die „Soul“-Ära begann, war Lattimore nach Nashville zurückgekehrt und unterschrieb einen Vertrag beim Sound Stage 7 Label des DJs John Richbourg. Zusätzlich zu Sessions in Nashville brachte der ihn auch zurück nach Memphis zu Aufnahmen sowohl bei Stax als auch bei American Sound, den beiden wichtigsten Studios dort. Hier entstanden einige seiner besten Aufnahmen. Auf der Jefferson Street präsentierte die „Sir“ Lattimore Brown Revue sich mittlerweile mit eigenen Go-Go-Girls. Und Musiker wie Roscoe Shelton und Sam Baker, die mit ihm beim gleichen Label unter Vertrag standen, gingen mit ihm gemeinsam auf Tour. Dabei traten sie auch mehrfach in der legendären R&B-Show The!!!Beat von Hoss Allen auf. Brown eröffnete einen neuen Club, genannt The Silver Slipper und war überhaupt mit Volldampf aktiv. Doch 1969 verlängerte sein Label den Vertrag nicht mehr weiter. Und auch wenn er noch weitere Singles bei anderen Labels veröffentlichte – die Tage, wo John Richbourg seine Titel mit den 50.000 Watt des Senders WLAC in die Welt schickte, waren vorbei.
Live war er noch immer auf dem ganzen Chitlin Circuit aktiv. Doch 1973 wurden die Dinge rauh. Er unterschrieb in Jackson, Mississippi, bei Ace, wo er eine letzte Single veröffentlichen konnte. Mittlerweile war ein aus Florida stammender Keyboardspieler mit Namen Benny Latimore aufgetaucht. Und so kam es zu einigen verständlichen Verwechslungen. Benny – um die Sache noch schlimmer zu machen – nannte sich bald nur noch Latimore. Und als er 1974 einen Nummer 1-Hit mit „Let’s Straighten It Out“ hatte, kam es fast zu Aufständen vor Clubs, als die Leute kamen, um Latimore zu hören und statt dessen „Lattimore“ zu hören bekamen. Auf dem Höhepunkt dieses Chaos war es, als DJ Dickie Doo im Jackson Municipa Auditorium eine ausverkaufte Show veranstaltete, bei der die Lattimore Brown Revue auftreten sollte. Nur Stunden vor dem Konzert erhielt Lattimore einen Anruf von ihm, in dem er ihn bat, nicht aufzutauchen. „Da ist ein Anschlag auf dich geplant,“ teilte er ihm mit, „wenn du zu dem Gig kommst, wirst du erschossen!“ Brown konnte es icht glauben und ging ins Büro von Jonny Vincent. Vincent machte ein paar Anrufe und konnte bestätigen, was Dickie Doo ihm gesagt hatte. „Diese Gangster, die hier unten das Unterhaltungsgeschäft kontrollieren, haben diese ständige Verwirrung um die Namen satt, Wenn ich du wäre, würde ich für eine Weile abtauchen.“
Genau das tat er bis heute. Er war Mitbesitzer eines Juke Joint mit Namen The Owl’s Club in Little Rock in den 80ern. Doch dann verschwand er völlig aus dem Blickfeld. Der eigentlich gut informierte All Music Guide vermeldete sogar, dass er irgendwo in Arkansas gestorben sei.
Die Nachrichten von seinem Tod waren allerdings reichlich übertrieben.
Seit 1997 lebte er mit seiner Frau in Biloxi. 2005 verlor er durch Katrina nicht nur die Frau sondern auch seinen kompletten Besitz. Nachfolgende Gesundheitsprobleme brachten ihn 2007 schließlich ins Krankenhaus. Und dort googelte eine nette Krankenschwester nach ihm. Das führte zu einem Artikel bei The Stepfather of Soul über ihn. Und der informierte schließlich die Leute beim Soul Detective. Und die waren in der Lage, ein Team zusammen zu stellen, zu dem der Produzent Bob Wilson und der Filmemacher Chase Thompson gehörten, um eine Dokumentation über seine Reise zurück auf dem Highway 61 nach Memphis zu drehen, wo er im letzten Juni eine Plattenaufnahme im legendären Royal Studio von Willie Mitchel machte.
Jetzt soll es am 27. April in The Banks Street Bar in New Orleans zur Rückkehr von Lattimore Brown auf die Konzertbühne kommen. Das Konzert (sein erstes seit jenem Anruf vor 35 Jahren) ist als Benefizveranstaltung geplant. Denn Browns Mietbeihilfen wurden im Februar gestrichen.
Dieser Artikel ist die Übersetzung eines Beitrags von The Soul Detective, einem der besten Blogs über die Musiker der klassischen Soul Ära. Auf der Originalseite finden sich noch zahlreiche Soundbeispiele von Sir Lattimore Brown. Außerdem wurde der Artikel mittlerweile um Berichte zu dem Comeback-Konzert erweitert. Leider hat sich der Soul Detective bislang nicht auf meine Anfragen hier gemeldet…