Nachdem 2015 sowohl sein Bruder Wendell Holmes als auch Popsy Dixon gestorben waren, war Bassist Sherman Holmes der letzte der Holmes Brothers. Sein jetzt veröffentlichtes Album „The Richmond Session“ erinnert musikalisch mit seiner Mixtur aus Bluegrass, rauhem Rock & Roll, Blues und Gospel natürlich an diese großartige Band. Und es zeigt, dass der 77jährige Musiker noch immer ein fantastischer Sänger ist.

Produziert wurden „The Richmond Sessions“ von Jon Lohman, dem Direktor des Virginia Folklife Programms. Im Rahmen dieses Programmes hatten die drei Holmes Brothers als Mentoren mit jungen Musikern zusammengearbeitet. Als Wendell und Popsy aus Krankheitsgründen die Arbeit abbrechen mussten, arbeitete Sherman weiter mit seinem Schülerin Whitney Nelson und trat gemeinsam mit ihr beim Abschlusskonzert des Programmes auf. Das war eine Form, wie er mit dem Verlust seiner langjährigen Partner umzugehen lernte.

Für den Start seiner Solokarriere brachte Lohman verschiedenste Musiker vor allem aus der Szene von Virginia hinzu. Vor allem bei den Gospelnummern können wir die Ingramettes hören, eine seit 50 Jahren aktive Gospelformation. Rob Ickes spielte die Dobro und Sammy Shelor das Banjo. An der Hammondorgel saß Davon Harris (DJ Harrison), der eigentlich aus dem Hiphop kommt und schon mit ?uestlove und The Roots zusammengearbeitet hat.

Und genauso vielseitig kommen auch die Aufnahmen dieses großartigen „Debüts“ daher: Scheinbar anstrengungslos wechselt der Sound vom Blues zum Bluegrass oder Gospel, wechseln sich die verschiedensten Instrumente uns Sänger ab, um Sherman Holmes Stimme zu begleiten.

Die Songauswahl ist hier so überraschend, wie auch schon bei den Holmes Brothers: Marvin Gayes „Don’t Do It“ erinnert hier an die berühmte Fassung von The Band. „Homeless Child“ von Ben Harper wird in seiner Intensität schon fast eine Gospelpredigt. „Green River“ von Creedence Clearwater Revival hatte Sherman auch schon mit den Holmes Brothers aufgenommen. Hier wird aus dem Klassiker ein unaufhaltsam dahin trabender Countryblues. Und dann ist da auch noch „Little Liza Jane“, eine Nummer die ursprünglich von Vince Gill stammte. Dieser Popsong klingt jetzt so alt wie der Blues selbst.

Gemeinsam mit Joan Osborne singt er dann noch den Soulklassiker „Dark End of The Street“ – schon früher hatten sie immer mal wieder mit dieser Sängerin gearbeitet. Und „I want Jesus“, das auch schon auf die Zeit der Holmes Brothers verweist, hat er gemeinsam mit Almeta Ingram-Miller, der Leiterin der Ingramettes eingesungen. Geschrieben hatte den Song seinerzeit Almetas kürzlich verstorbene Mutter. Und so wird aus der gemeinsamen Erfahrung des Verlustes nahestehender Menschen eine der intensivsten Gospelnummern, die ich in den letzten Jahren hören konnte.

Sherman Holmes setzt mit seinem Album die Tradition der Holmes Brothers großartig fort und wird auch in hohem Alter mit dieser Musik zumindest in den USA auch auf Tour gehen. Dass dieses Album einfach großartig ist, sollte am Ende nochmals kurz betont werden. Wer da nicht zumindest reinhört, verpasst eines der Alben des Jahres 2017.