Das Internet ist immer wieder dafür gut, völlig neue Welten zu entdecken. So zum Beispiel Rock und Blues aus Indien. Mit diesem und ein paar noch folgenden Artikeln wollen wir einen kleinen und unrepresantativen Querschnitt in die sehr vielfältige Szene des rockenden Subkontinents geben. Eigentlich hätte ich es ahnen können: Auch in Indien gibt es den Rolling Stone. Und wo es den gibt, gibt es auch eine Rockszene. Auch wenn man die in Europa oder Amerika nicht wahrnimmt. Als ich letztens auf die Band Junkyard Groove stieß, konnte ich mir nicht vorstellen, was so eine kleine Rezension auf unserer Seite anrichten würde. Plötzlich waren mehr Inder als Deutsche unter den Lesern. Aber ich hatte nicht weit genug recherchiert: Denn schließlich ist die Band 2009 als beliebteste Independent-Gruppe von ganz Asien ausgezeichnet worden.
Das war ein Grund, ein wenig in den Weiten des Netzes zu recherchieren, was für Bands und Musiker dort noch gibt, die man im weitesten Sinne der Rockmusik zurechnen kann. Das Ergebnis war schlichtweg überwältigend. Also habe ich die Suche ein wenig eingeschränkt – schließlich haben wir hier vor allem einen Blick für den Blues und verwandte Stile.
Fangen wir an mit Soulmate, einem Duo aus Shillong. Die sind ganz deutlich vom Blues, vom Soul, aber auch vom Rock ’n‘ Roll inspiriert. Sängering und Rhythmusgitarristin ist Tipriti Kharbangar, die mittlerweile als eine der besten Blues- und Jazzsängerinnen von ganz Indien gilt. Ihr Partner ist Songwriter/Sänger und Gitarrist Rudy Wallang, der schon mit verschiedenen Bluesrockbands des Landes gespielt hat. Mittlerweile gibt es zwei Alben von ihnen, Shillong und Moving On. Und sie haben außer in ihrer Heimat auch schon in Kathmandu, Frankreich, den USA und Singapur gespielt.
Als „Idee von einer Musik ohne Kompromisse, einem Traum vom Leben jenseits klimatisierter Gefängnisse“ betrachten sich Summit Attempt aus Mumbai. Hierbei handelt es sich um eine eher klassisch zu nennende Rockband um den Sänger und Gitarristen Sumit Bhattacharya. Neben Rock und Blues finden sich auch Einlfüsse von Latin und Fusion. Sumit hatte – nachdem er mit seinen Kollegen in den 90er Jahren schon gespielt hatte – zwischenzeitlich das Musizieren sein gelassen, um als Journalist zu arbeiten.
Als bester (westlich orientierter) Dance-Act Indiens gelten SHAA’IR + FUNC aus Mumbai. Soul ist in ihrem Verständnis ähnlich lackiert und electronisch verziert wie bei jedem R’n’B-Star aus den Staaten. Allerdings gibt es zuweilen Gitarren-Einwürfe, die die indischen Kollegen schon mit Jeff Beck-Vergleichen gefeiert haben.
Aber genug davon – eher in klassischen Blues- und Soulrevieren spielen The Ungulates ebenfalls aus Mumbai. Die Idee dafür kam Dean, dem Sänger der Band, als ihm die Rolle als Tenor in diversen Chören zu langweilig wurde. Daniel und Mikhail, beides klassisch ausgebildete Gitarristen und langjährige Freunde Deans suchten auch nach Veränderung. Später kamen zu den Ungulates noch Drummer und Keaboarder hinzu. Mittlerweile sind sie allerdings schon zu sechst. Aber leider gibt es von ihnen nur einen Song im Netz zu hören.
Ein Newcomer im Bereich Folk-Pop und Blues ist der Singer/Songwriter Sudheep Menon. Der musikalische Autodidakt hat in den letzten Jahren mit diversen internationalen Produzenten zusammen gearbeitet und vor wenigen Wochen seine erste EP “A long road from nowhere” veröffentlicht. Seine meist ruhigen Stücke klingen manchmal ein wenig nach James Taylor oder ählichen Songschreibern der 70er. Aber seine Stimme erinnert dabei eher an Radiohead. Eine schöne ruhige Musik ist das! Und ein guter Abschluss für Teil 1 unserer Recherche. Für Tipps und Hinweise zu anderen erwähnenswerten Musikern sind wir wie immer sehr dankbar.