Als Bluesgitarristin war Precious Bryant schon Jahre in Georgia unterwegs gewesen, als 2002 ihr Debütalbum „Fool Me Good“ erschien und gleich für zwei Blues Music Awards nominiert wurde. Am 12. Januar 2013 starb Bryant im Alter von 71 Jahren an den Folgen ihrer Diabeteserkrankung.

Sie sang von Schmerzen und Armut. Denn sie hatte das alles erlebt. „Broke and Ain‘t Got a Dime“, mit dem „Fool Me Good“ beginnt ist dennoch alles andere als deprimierend, denn Bryants Fingerpicking im Stiel des Piedmont-Blues sorgt hier für einen willkommenen Kontrast. Und ob sie nun eigene Songs spielt oder Klassiker des Rhythm & Blues (großartig ihre Ragtime-Fassung von „Fever“) oder Soul interpretiert: All das ergibt Musik, wie sie in Georgia und anderen Ostküstenstaaten schon seit den ersten Plattenaufnahmen zu hören war.
Geboren wrude die Musikerin am 4. Januar 1942 als Precious Bussey als drittes von neun Kindern einer armen aber musikalischen Familie. Sowohl ihr Vater als auch der Onkel spielten Gitarre, die Mutter war Pianistin. Vom Onkel George Henry Bussey erhielt sie und letzter schenkte ihr auch das erste eigene Instrument und unterrichtete sie auch. Gemeinsam mit ihren Schwestern sang sie auch im Chor ihrer Gemeinde, während ihre Cousins in der Georgia Fife and Drum Band spielten.

Klar, dass sie als Jugendliche mit Platten von Muddy Waters und anderen angesagten Künstlern aufwuchs. Diese flossen ebenso in ihr Repertoire ein wie regionale Folksongs und erste eigene Stücke.

In der elften Klasse brach sie die Highschool ab und heiratete 1965. Damals spielte sie in den Kneipen der Region für Trinkgelder. Dabei wurde sie 1969 von Musikhistoriker George Mitchell bei einer Field-Recording-Tour entdeckt und erstmals aufgenommen. Der konnte sie (die eigentlich ungern reiste) zu einem Auftritt beim Chattahoochee Folk Festival überreden, wo sie auf begeisterte Zustimmung stieß. Und plötzlich war sie für einige Zeit in den ganzen USA und selbst in Europa bei Folk- und Blues-Festivals gefragt. Folkloristen hatten hier mal wieder eine Künstlerin „entdeckt“, die selbstbewusst und musikalisch herausragend eine Tradition verkörperte, die man schon für fast ausgestorben hielt.

Auch wenn immer mal wieder Aufnahmen von Precious Bryant auf Samplern erschienen, dauerte es doch bis 2001, dass sie ein komplettes Album aufnehmen konnte. Die Sessions dafür fanden im mit Teppichen vollgelegten Wohnzimmer von langjährigen Freunden statt. Und das gibt „Fool Me Good“ eine schon intime Atmosphäre, in der sie allein mit der Gitarre ire Stücke vorträgt. 2005 war dann für „The Truth“ zeitweise eine ganze Band im Studio. Ihr Sohn Tony spielte in ihr den Bass. Und neben den traditionellen Songs finden sich auch neuere Stücke, Cover etwa von hits von Irma Thomas oder Denise LaSalle. Nachdem ihr Debüt als bestes Debüt und bestes traditionelles Bluesalbum für Blues Music Awards nominiert war, erhielt sie jetzt die nächste Nominierung. Allerdings hießen ihre Konkurrentinnen in dem Jahr Koko Taylor und Etta James – die den Preis letztlich erhielt.

Die Mussic Maker Relief Foundation finanzierte 2005 schließlich eine Plattenaufnahme, die zur letzten der Musikerin werden sollte. Für „My Name is Precious“ stand sie wieder gemeinsam mit ihrem Sohn am Bass im Studio. Ab und zu sang spielte auch der in der Gegend wohnende Gitarrist Cootie Stark bei den Aufnahmen mit. Die Stiftung unterstützte die in bitterer Armut lebende Musikerin die letzten Jahre ihres Lebens mit Instrumenten und bei der Suche nach bezahlten Auftritten. Als die fortschreitende Zuckerkrankheit sie an weiteren Touren hinderte, da stellten sie ihr auch einen neuen Wohnwagen zur Verfügung.

Mit Precious Bryant ist eine der letzten authentischen Vertreterinnen der langsam verschwindenden Musiktradition des Piedmont-Blues gestorben.