Bei feinfühliger Beobachtung der erwähnten Anfänge einer keimenden Musikfestidee fällt eine lokale Besonderheit auf – bis auf Schwerin und Ludwigslust gehörten alle beteiligten Städte vormals zum Hansebund. Man könnte vermuten, dass hanseatischer Geist vom Wiedererstarken der Seestädte künden wollte, ohne die ab 1835 in Ludwigslust ansässige Hofkapelle und den Herzog aussparen zu wollen.
Politische Zugeständnisse oder wollten die herzoglichen Residenzen nicht abseits stehen? Schließlich waren nur im Juni 1817 Schwerin und Ludwigslust beteiligt….
Nach einer längeren Pause gründete sich erst 1839 wieder ein Musikverein in Lübeck, der im Verbund mit Schwerin, Wismar und Rostock vier Norddeutsche Musikfeste im Zweijahresabstand zuwege brachte. Diese Musikfestspiele konnten durchaus das Ausmaß einer Woche annehmen, zumal auch gesellige Aspekte berücksichtigt wurden. Berichte von 1840 aus Schwerin erzählen von festlicher Illumination des Schlossgartens sowie von „Feuerwerk auf dem großen See am alten Garten“.
Es gab umfangreiches Musizieren sowohl geistlicher als auch weltlicher Musik mit einem erstaunlichem Anteil heute weitgehend vergessener „zeitgenössischer“ Komponisten. Die Norddeutschen Musikfeste zeitigten eine enorme Ausstrahlung: nicht nur Mitwirkende aus Leipzig und Wien als auch von Kopenhagen bis Frankfurt a.M. kamen z.B. 1839 nach Lübeck bzw. aus den letztgenannten Städten 1843 nach Rostock, um Werke von Händel, Mozart, Haydn oder Meyerbeer zu spielen und zu singen – nein, selbst große Meister der damaligen Zeit scheuten den Weg in das jetzige Mecklenburg/Vorpommern nicht:
[[Felix Mendelssohn Bartholdy]] reiste im Juli 1840 in Schwerin an, um die Aufführung seines Oratoriums „Paulus“ im Dom zu leiten. Auch während der Zeit der Norddeutschen Musikfeste gelangten oft zumindest Teile (z.B. Arien) aus der Schöpfung von [[Joseph Haydn]] zu Gehör, jener „Kassenschlager“ der schon in der vorherigen Folge herausgestellt wurde.
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