Bekannt wurde Castro Coleman als Gospelmusiker. 2015 erfand er sich neu als Bluesman und nannte sich Mr. Sipp. Für sein zweites Album „Knock A Hole In It“ legte er den Beinamen „Mississippi Blues Child“ ab. Denn was der Gitarrist, Sänger und Songwriter hier abliefert, hat überhaupt nichts kindliches mehr: Das ist aktueller Blues zwischen hart rockenden Rhythmen, Gospel und Soul, zwischen Jimi Hendrix, Sly Stone und George Benson.
In einem Comic würde man wahrscheinlich „Flash – Boom – Bang“ – Spruchblasen bringen, um die Wirkung zu beschreiben, die der Titelsong dieser Scheibe hat. Hier knallt eine Gitarre los, die an Buddy Guy und Jimi Hendrix erinnert. Die Rhythmen allerdings sind der harte Groove eines straßengeübten Hiphop. Und auch wenn Mr. Sipp singt, hat das mehr von der Attitüde eines Rappers, der davon erzählt, wie er seit Jahrzehnten auf der Suche nach seiner eigenen Musik ist. Das ist einfach ein Hammersong, der alleine den Kaufpreis eines Albums wert ist.
Auf dem Album gibt es allerdings noch wesentlich mehr starke Stücke. Und die zeigen eine musikalische Vielseitigkeit, die vielleicht manche engstirnigen Bluespuristen erschrecken kann: klar gibt es deftigen klassischen oder moderneren Blues von einem herausragenden Gitarristen. Es rock auch gehörig. Doch Mr. Sipp kann auch Schmusesoul mit jazzigen Anklängen, kann gar einschmeichelnd spielen oder singen wie George Benson. Andere Songs sind derartig funky, das Sly Stone und George Clinton ihre helle Freude haben dürften.
Höhepunkte eines wirklich großartigen Albums sind für mich neben dem Titelsong „Juke Joint“, seine Version von „Little Wing“ und die wundervolle Soulnummer „Love Yourself“ mit komplettem Gebläse. Unbedingt anhören!