Außerhalb ihrer New Yorker Heimat kennt man Lex Grey und ihre Urban Pioneers bislang noch nicht wirklich. Dabei ist das aktuellle Album „Usual Suspects“ bereits das sechste Werk der Band seit der Mitte der 90er Jahre. Wer auf heftig rockenden Blues mit einer faszinierenden Sängerin abfährt, sollte hier unbedingt mehr als ein Ohr riskieren.

In manchen Veröffentlichungen feiert man Lex Grey als Bluesrock-Diva. Oder man verwendet bildliche Umschreibungen wie „Mae West auf einem Motorrad“. Vergleiche werden gezogen zu Janis Joplin oder Amy Winehouse. Da wird dem kritischen Leser klar: Hier ist eine Künstlerin zu erleben, die nicht in die gängigen Schubladen passt.

Wenn das Album mit dem Titelsong beginnt, dann wird deutlich, woher etwa die Verweise auf Winehouse kommen: Diese soulig klagende Stimme ist etwas Besonders, sie fräst sich sofort in die Gehörgänge. Doch vom Soul kommen immer wieder Ausbrüche in deftigen Rock. Eine faszinierende Nummer – und ein Start in ein Album, dass an Abwechslungen beileibe keinen Mangel hat. „Chow Down“ etwa ist ein dreckiger Zydeco-Rocker, „Dirty Secret“ eine Bluesballade voller Ecken und Kanten und ganz ohne Schmalz und Kitschverdacht. „SRV“ ist – nomen est omen – ein Bluesrocker a la Texas und natürlich eine Hommage an Stevie Ray Vaughan. „Sunshine and Blue“ versetzt einen dann dank Trompete in einen völlig verräucherten Jazzclub. Und „Cheap Thrills“ ist totaler Country-Rock.

Lex Grey ist eine echte „Warrior Squaw“, eine kraftvolle Künstlerin, die allerdings – und hier macht sich die Herkunft aus Brooklyn bemerkbar – sich immer wieder musikalischen Kategorien entzieht. Wichtiger iss, dass der jeweilige Song das passende Kleid erhält. Und dazu passend präsentiert sich dann auch die Sängerin. Man kann das mit dem Begriff „Diva“ umschreiben – in dem Sinne ist sie ebenso eine Diva wie etwa Eliza Neals aus Detroit oder wie Bette Midler.

„Usual Suspects“ ist ein immer deutlich auf der rockigen Seite des Blues gehaltenes Album einer faszinierenden Sängerin, die hinter sich eine Band hat, die diese ständigen Wechsel und Brüche nicht nur begleitet sondern regelrecht anfeuert. Unbedingt reinhören – das ist eine echte Entdeckung!