Ein weiteres Beispiel zeitgenössischer Kunst in Kassel neben der dOCUMENTA (13) ist derzeit im Foyer des Amtsgerichts Kassel (noch bis 10.09.2012) zu sehen. An diesem, für Kunstprojekte eher selten zuständigen Ort, zeigen DOE Projekts, Chicago und KAP Artists aus Hamburg in Südafrika filigrane Handwerksarbeiten. Die Künstler sind anwesend und so wachsen die Arbeiten jeden Tag.
„just us at work“ ist der Name einer Kunstaktion, die in einem für die Öffentlichkeit zugänglichen Raum, in diesem Fall in der Eingangshalle des Kasseler Amtsgerichts in der Frankfurter Straße 9, stattfindet.
Die beiden Partner DOE Projekts und KAP Artists gehen für diese Aktion aus unterschiedlichen Positionen ans Werk. Während Deborah Adams Doering aus Chicago die konzeptionelle Idee zum Projekt gibt, gestalten die KAP Artist diese mit den Mitteln ihrer künstlerischen Inspiration, Intuition und tradierten Handwerkskunst aus. Dabei sind die teilnehmenden Künstler nicht immer die gleichen. In Kassel sind Veronica Betani und Cebo Mvubu aus dem südafrikanischen Hamburg mit von der Partie, sowie die Schwedin Magdalena Linden. Der Kreis der insgesamt partizipierenden Künstler umfasst derzeit acht für DOE Projekts und fünf für KAP Artists.
Kunst im öffentlichen Raum, weil . . .
„just us at work“ anregen will. Anregen zum Nachdenken, Nach- und Mitmachen, erschließen neuer Horizonte. Schon im Namen der Aktion „just us at work“ liegt ein feinsinniger, tiefgründiger Humor: just-us-at-work ~ justice-at-work; der sich dem Englisch sprechenden Publikum viel universeller öffnet als anderen. So wurde auch der Aktions-Raum Amtsgericht Kassel bewußt gewählt und durch die richterliche Güte einiger ortsansässigen Honoratioren auch ermöglicht. – Die Besucher haben nun die Möglichkeit dorthin zu gehen, um einfach nur ein Urteil abzuholen, oder aber selber urteilend an einem kreativen Prozess teilzuhaben. Im Namen des Volkes wird somit nicht verurteilt, sondern beurteilt, was jedem Betrachter Eigenverantwortung und Stärke gewährt.
Kunst braucht Code, weil . . .
er das verbindende und kreative Element zwischen Produzent und Konsument ist. Für die Kasseler-Amtsgericht-Aktion bedeutet das: die sich im Raum bewegende Null. Ein solcher Gedanke mag anfänglich nur schwer zu fassen sein, eine Null, die sich durch den Raum bewegt, tanzt, eiert, swingt, gleitet, sich weitet und zusammenzieht . . . ? Das ist doch —>Nichts, leer, unfassbar – OHNEIN! Es ist doch, denn es ist in der Verwandlung und genau das macht diesen Prozess zum Code. Du musst ihn entschlüsseln, Dich mit ihm beschäftigen, an ihm verzweifeln um ihn lieben zu können. Denn dann gibt ein Code sein Geheimnis preis, lässt sich entschlüsseln, dechiffrieren, lässt den Betrachter selbstlos teilhaben an seiner Kraft, seinem Wunder und seiner grenzenlosen Energie! Entschlüssle ihn und Du wirst zum Schlüssel, erschließe ihn und Du wirst zum Schloss!
Kunst bewegt, denn . . .
der künstlerische Prozess ist Bewegung. So arbeiten die Künstler hier an einer sich im Raum bewegenden Null, die je nach Betrachtungswinkel, sogar zur Eins werden kann. Ein weiteres Element ist die Form der Bewegung, hier die Welle oder Tilde (~). So wird der Gedanke zur Form, zum Objekt. Die Materialien, die die Künstler für diese Aktion benutzen sind sog. „low-tech“-Materialien wie Papier, Bleistift, Holz Stoff und Stickgarn. Im Amstgericht entstehen Arbeiten underschiedlicher Größe. Das einzig ständig ausgestellte Kunstwerk, das „Manifest O“, ist ein überdimensionaler Wandteppich (2,70m x 6,40m). Beim Betrachten der Arbeiten werden im Betrachter unterschiedlichste Assoziationen und Entwicklungen ausgelöst. Ob nun die Null und Eins als Symbol für das Männlich/Weibliche-Prinzip, als Gene einer digitalen Welt oder als ganz persönliche Schlüssel einer zeitgenössischen Wirklichkeit durch die eigenen Fantasie enstehen, erzeugt immer wieder auf’s Neue Spannung. Das Publikum jedenfalls tritt täglich in eine rege Kommunikation mit den Künstlern.
Auch hier besteht die Möglichkeit der Annäherung ohne sofort nach Kassel zu reisen. In ihrem Blog zeigt Deborah Adams Doering beinahe täglich neue Bilder. Darüber hinaus hat es auch eine Begegnung mit einem Kunstprojekt der dOCUMENTA (13) gegeben, nämlich mit dem „60 Wrd/Min Art Critic“ von Lori Waxman. Die Kunstkritikerin nimmt sich dort dem DOEProjekt an.