Man nannte ihn „Mr. Superharp“. Seit Jahrzehnten war James Cotton einer der besten Bluesharpspieler überhaupt. Schon als Kind spielte er Sonny Boy Williamson II dessen eigene Solos vor. Mit 81 Jahren ist James Cotton am 16. März 2017 in Austin gestorben.

Geboren wurde James Cotton am 1. Juli 1935 in Tunica, Mississippi. Er wuchs auf einer Baumwollplantage auf. Als Kind erhielt er seine erste Mundharmonika. Als jüngstes von acht Geschwistern war dies ein billiges Instrument für gerade mal 15 Cent. Doch er kam schon bald damit zurecht.

Im Radio hörte er Sonny Boy Williamson mit seiner King Bisquit Time auf KFFA und begann ihn Note für Note zu imitieren.

Als 1944 kurz nacheinander seine beiden Eltern starben, nahm ihn sein Onkel mit nach Helena, damit er seinen Helden treffen konnte. Schon beim ersten Treffen zwischen Sonny Boy Williamson und dem neunjährigen Jungen spielte Cotton die berühmten Solos des Vorbildes nach. Sehr zum Vergnügen des großen Stars. Williamson und Cotton wurden Freunde und reisten gemeinsam durch die Juke Joints der Gegend. Weil Cotton noch zu jung war, um in diese Spelunken hinein zu kommen, spielte er davor auf der Straße für Trinkgelder.

1950 verließ Williamson Helana, um nach Milwaukee zu ziehen. Cotton, der inzwischen 15 Jahre alt war, übernahm seine Band. Auch wenn das nur für ein paar Gigs funktionierte, bekam er damals erstmals mit, was ein Bandleader alles können muss. Kurz darauf trat er als Harpspieler in die Band von Howlin‘ Wolf ein und tourte mit ihm durch den ganzen Süden. Und ähnlich wie Williamson machte er etliche Radio-Shows alleine oder mit Schlagzeuger Willie Nix. 1953 kam der Kontakt zu Sam Phillips von Sun Records zu Stande. Insgesamt vier Titel nahm er bis 1954 – damals war Sun noch ein wirkliches Blueslabel und Elvis nicht entdeckt – für Sun auf.

1954 wurde er von Muddy Waters angeheuert und zog mit ihm nach Chicago. Bei ihm blieb er für die nächsten zwölf Jahre und ersetzte Junior Wells als Harpspieler und stieg bald zum Chef von Muddys Begleitband auf. Da Chess Records in den ersten Jahren noch darauf bestand, dass Muddy im Studio von Little Walter begleitet wurde, dauerte es bis 1958, dass Cotton mit Waters ins Studio gehen konnte. Gemeinsam entstanden viele heute als absolute Klassiker geltende Aufnahmen wie „She’s 19 Years Old“ oder „Close To You“. Auf Cottons Vorschlag soll auch die Aufnahme von „Got My Mojo Working“ ins Waters Repertoire zurück gehen.

1966 war für Cotton allerdings der Zeitpunkt gekommen, seine eigene Karriere voran zu treiben. Für die von Vanguard herausgegebene Samplerreihe Chicago. The Blues. Today! nahm er die ersten Nummern unter eigenem Namen auf. Und gemeinsam mit Pianist Otis Spann erschien die LP „The Blues Never Die“. Für Vanguard und Verve nahm er in den späten 60er Jahren etliche Soloalben auf, bei denen er von verschiedenen Musikern wie Gitarrist Luther Tucker oder den Schlagzeugern Sam Lay und Francis Clay begleitet wurde. Später stieß auch noch Matt „Guitar“ Murphy zu seiner rockenden Boogie-Band. Und schon bald wurde er – wie auch Muddy Waters oder die Paul Butterfield Blues Band von der weißen Hippie-Gemeinde adoptiert. So stand er gemeinsam mit Janis Joplin auf der Bühne. Ebenso mit Led Zeppelin, Santana, Steve Millier oder The Grateful Dead. Und er tourte gemeinsam mit Bluesmen wie B.B. King oder Freddy King.

In den 70ern war er als ständig tourender Bluesmusiker berühmt. Er trat so ziemlich in jedem bedeutenden Rocktempel der Staaten auf. Als Johnny Winter Ende der 70er die Karriere von Muddy Waters als Freund und Produzent wieder in Gang setzte, kehrte er schließlich zu ihm zurück. Erstmals stand er für das Album Hard Again 1977 wieder mit Waters im Studio. Daneben war er auch für Howlin Wolf, Koko Taylor und John Lee Hooker im Studio. Und auf seinen eigenen Platten wurde er von Johnny Winter, Steve Miller und Todd Rundgren begleitet. Doch es dauerte bis 1996, dass er seinen ersten Grammy für das Album „Deep In The Blues“ erhielt (nominiert war er dafür erstmals in den 80er worden).

Trotz seines Alters ist er auch in den letzten Jahren live und im Studio aktiv gewesen. Irgendwann hatte er das Gesangsmikrophon an seine Bandmitglieder übergeben. Aber Alben wie „Giant“ oder „Cotton Mouth Man“ bewiesen, dass seine Bluesharp nichts von ihrer Einprägsamkeit verloren hatte. Sein Stil war niemals wirklich kopiert worden: Keiner bekam seine Mixtur von Chigago-Blues und Boogie mit jazzigen Linien im Solo und einer gehörigen Portion Humor in der Musik wirklich hin.