Vorwarnung: Diese Platte mit ihrem heftigen Funk-Blues-Rock wurde andernorts schon mit einem Schlag in die Weichteile verglichen! Wenn Halley De Vestern loslegt, dann macht sie weder musikalisch noch textlich irgendwelche Gefangenen.
 

Es geht gleich gut los: “Remember when I loved you and how we kissed, then I think of how you hurt me and my hands are fists” – ein heftig rockender Funkgroove knallt einem in die Ohren. Und die wütende Sängerin macht klar, dass mit ihr nicht zu spaßen ist. Auch „Kangaroo Mama“ zeigt Halley als kämpfende Powerfrau, während sie bei „Money Ain‘t Time“ den Geldliebhabern vorhaltungen macht: Der Weg zum Himmel ist lang, wenn Du soviel aufgehäuft hast. Und bedenke: Irgendwann ist es vorbei – für immer. Und bis dahin musst Du die Prioritäten klar gemacht haben. Aber nein: mit den alltäglichen Christen, die meistenteils Heuchler sind, hat sie nichts zu tun: “The Jesus I know he don’t watch too much TV. The Jesus I know don’t care who you love, as long as you love somebody. The Jesus I know, he says ‘Be and let be.’”

Bei „Boil“ ist Rassismus das Ziel für ihren gesungenen, fast geschrieenen Zorn. „American Pain“ beklagt die Versprechen des schnellen Geldes, mit dem Las Vegas zahllose Menschen anlockt. Und in „Code 9“ geht es um die alltägliche und allumfassende Überwachung unseres privaten Lebens.

Was für eine Sängerin, was für eine Songwriterin – Bislang war mir Halley De Vestern aus New York noch nicht bekannt. Doch ab sofort steht sie bei mir ganz oben bei den großartigen und einzigartigen Stimmen im Blues und Rock. Und die Band ist die genau richtige Ergänzug dafür: laut rockend und treibend wenn nötig. Und zurückgenommen und bedrohlich groovend und sich in die Ausbrüche steigernd, die die gesungenen, geschrieenen oder gerappten Songs der Sängerin brauchen.

Wer hier die Janis-Joplin-Karte zieht, hat‘s nicht kapiert. Halley DeVestern kann man eher mit Funk-Ladies wie Betty Davis vergleichen. Meinethalben auch mit Beth Hart oder mit einer zum Blues bekehrten Nina Hagen.