Marko Pantermöller (Foto: Uwe Roßner)Am 4. November 2010 startet in Greifswald die 11. Internationale Autorentagung „Junge Literatur in Europa“. Bis zum Sonnabend läuft sie in der Universitäts- und Hansestadt. Die Hans Werner Richter-Stiftung richtet diese dreitägige Konferenz in Zusammenarbeit mit der Nordischen Abteilung von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität aus. Allen Literaturinteressierten und Kennern stehen die kostenlosen Lesungen im Internationalen Begegnungszentrum in der Bahnhofsstraße 2/3 offen. Wasser Prawda (WP) sprach mit Professor Marko Pantermöller. Der Greifswalder Fennist gehört dem Kreis der Vorstandsmitglieder der Hans Werner Richter-Stiftung an.

WP: Wie ist es,  junge Autoren nach Greifswald einzuladen?
Pantermöller: Natürlich spannend. Wir wussten vor elf Jahren nicht, wie es angenommen wird und was sie von der pommerschen Landschaft halten würden. Inzwischen haben viele das Feedback gegeben, es sei kein besserer Tagungsort vorstellbar.

WP: Was sprach für Greifswald?
Pantermöller: Hans Werner Richter, der Namensgeber der Stiftung, ist ein gebürtiger Pommer. Er stammt aus Bansin von der Insel Usedom. Aus diesem Grund wandeln wir als Stiftung in seinen Spuren. Er ist der Begründer der Gruppe 47. Seiner Frau Toni Richter war die enge Zusammenarbeit mit der Universität Greifswald wichtig. In Personalunion bin ich als Mitglied der Universität und der Stiftung ein Knotenpunkt dieser Arbeit in Greifswald.

WP: Was ist ihr Profil?
Pantermöller: Unsere Hauptzielgruppe sind zunächst die Autoren. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, sich untereinander zu vernetzen. Ähnlich wie es bei der Gruppe 47 wie unter Hans Werner Richter erfolgte. Wir laden Schriftsteller aus den Ostseeanrainerländern, aus dem deutschsprachigen Raum und Migrantenautoren, die in deutscher Sprache schreiben, ein. Sie sind paritätisch vertreten. Wir haben das als eine befruchtende Konstellation erfahren.

WP: Welche literarische Gattung steht dabei im Rampenlicht?
Pantermöller: Ursprünglich hatten wir uns nicht festgelegt. Zu den Gästen gehörten damals sowohl Lyriker als auch Prosaisten. Folgendes hat sich allerdings im Laufe der Zeit  herausgestellt: Die besten Gespräche können innerhalb von drei Tagen bei fünfzehn Autoren nur mit Prosatexten geführt werden.

WP: Inwieweit ist das Alter ein Ausschlusskriterium für eine Einladung?
Pantermöller: Die Autoren sollten nicht älter als vierzig Jahre sein. Aus dem Ostseeraum können allerdings auch Teilnehmer mit dabei sein, die auf eine wesentlich längere schriftstellerische Laufbahn zurückblicken können. Oft haben sie große und anerkannte Werke in ihren Heimatländern geschaffen. In diesem Jahr ist es Asta Pôldmäe. Sie ist eine wichtige Koordinationsfigur in Estland.

WP: Was für eine Atmosphäre herrscht während der Tagung?
Pantermöller: Wir haben eine enge Struktur. Stündlich gibt es Lesungen. Wir haben aber auch genügend Platz für Pausen eingeplant. Gerade sie geben Anlass zu interessanten und weiterführenden Gesprächen. Sie sind genauso wichtig wie die Lesungen.

WP: Wie sind die Lesungen aufgebaut?
Pantermöller: Zwanzig bis Fünfundzwanzig Minuten dienen dem bloßen Vortrag aus veröffentlichten Texten. Die Schriftsteller können ihren Auftritt auch für ein Werkstattgespräch nutzen. Das entscheiden sie selbst. Dann handelt es sich natürlich um bislang unveröffentlichte Texte. In der Regel sind es jene, die bei uns zum zweiten Mal sind.
Daran schließt sich ein moderiertes Autorengespräch an. Dafür gewinnen wir Vertreter der Philologien, aus dem Verlagswesen und Übersetzer. Das Greifswalder Publikum kann sich dann im offenen Gespräch zusammen mit den Schriftstellerkollegen beteiligen. Insgesamt soll es jeweils eine Stunde dauern.

WP: Welches Ansehen genießt die Autorentagung?
Pantermöller: Wir bekommen viele Rückmeldungen. Mehr als einmal haben wir gehört, dass sich Autoren im Herbst bei der Verleihung des Literaturpreises des Nordischen Rates in Kopenhagen wiedertrafen. Das freut uns sehr. Verlage haben Bücher gedruckt nachdem Vertreter in Greifswald Leseproben gehört haben. Einst Eingeladene schlagen Kollegen für unser Programm vor. Wir versuchen das zu berücksichtigen.

WP: Welche Rolle kommt den Übersetzern zu?
Pantermöller: In der Regel haben wir fremdsprachliche Texte, die extra für Junge Literatur in Europa übertragen werden. Das ist ganz interessant für die Autoren und bietet für sie Vermarktungsmöglichkeiten in Deutschland. Beispielsweise nutzen die Verlage die von Studierenden der Nordischen Abteilung der Universität Greifswald übersetzten Auszüge als Werbetexte auf Messen.

WP: Was machen Sie mit der Tagung anders als der gängige Literaturbetrieb?
Pantermöller: Wir bieten den Autoren drei Tage in einer angenehmen Atmosphäre. Sie steigen aus dem stressigen Literaturbetrieb aus. Dieser bedeutet, jeden Tag in einer anderen Stadt zu lesen. Wir honorieren auch die Teilnahme an der Tagung mit einem Geldbetrag.

WP: In Greifswald gab es viele Debüts. Sasa Stanisic, der mit seinem Buch „Wie der Soldat das Grammophon reparierte“ seinerzeit viel Aufsehen erregte, gehört beispielsweise dazu. Warum laden Sie einstige Debütanten noch einmal nach Greifswald ein?
Pantermöller: Das ist sehr, sehr wichtig. Zur zweiten Tagungsteilnahme kommen sie mit einen noch nicht abgeschlossenen Romanprojekt. Sie können hier ein breites Feedback erhalten und sich mit Kollegen austauschen. Das kann oft Antrieb für die weitere Arbeit geben.

WP: Welche Wünsche haben Sie für die kommenden Jahre?
Pantermöller: Als Greifswalder habe ich den Wunsch, die Tagungsreihe hier halten zu können. Die Anbindung an die Universität Greifswald soll breiter werden als bisher. Das Angebot könnte noch stärker in den universitären Literaturunterricht und in die Forschung einfließen. Das ist eine einzigartige Möglichkeit, die wir noch stärker nutzen sollten.

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