Alle Welt kennt sie als Pioniere und mittlerweile als Ikonen des Elektropop – Depeche Mode.

Seit 2001 ist die Fangemeinde jedoch um eine Erkenntnis reicher. Die Briten sind eigentlich (getarnte) Blueser. In einem Interview mit „WELT ONLINE“ gestand David Gahan der Öffentlichkeit, dass Robert Johnson, Leadbelly oder Muddy Waters seine musikalischen Vorbilder seien.

Weiter meinte er: „Der Blues ist ungeschönter, unmittelbarer Ausdruck der stärksten menschlichen Gefühle. Jede dieser alten Blues-Platten konserviert einen Moment der Echtheit. Es gibt wohl keine andere Musik, die ich öfters höre als den Blues aus den Zwanzigern und Dreißigern.“ Auf die Frage der Redaktion, warum der Frontmann dann nicht selbst versuche, den Blues zu singen, antwortete Gahan: „In der Tat analysieren wir die Energie des Blues und versuchen, sie zu transformieren.“  (Und jetzt kommt´s!) „Allen Songs von Depeche Mode liegt der Blues zugrunde. Als Gefühl, als Stimmung, als Textzitat, in meinem Gesangsvortrag.“ Allen Songs? So, so – das ist dann doch etwas überraschend.

Erste, musikalisch hörbare, Bluesexpeditionen unternahmen Depeche Mode 1987 mit den Songs „Pleasure, little treasure“ und „(Get your kicks on) Route 66“, einer Cover-Version des 1946 von Bobby Troup komponierten US-amerikanischen Bluessongs. Zwei Jahre später bedienten sich die Engländer bei ihrem „Violator“-Hit „Personal jesus“ eines John-Lee-Hooker-Gitarrenriffs. Bei der Fangemeinde, insbesondere der amerikanischen, kam das Stück sehr gut an, dass sich DM wohl entschlossen haben, fortan jedes Studio-Album mit einem Bluesbeitrag zu garnieren. (Nur der discographischen Ordnung halber: 1993 hieß der Bluessong „I feel you“, 1997 „Freestate“, 2001 „Dream on“, 2005 „John the revelator“ und schließlich 2009 „Miles away / The truth is“.)  

 

Andrew Fletcher überraschte – ebenfalls 2001 – im Interview in der US-Musikpostille „REVOLVER“ mit der Aussage, dass in den Adern Martin Gores zur Hälfte amerikanisches Blut fließe: „Martin is half-American. Actually his dad is American, and he’s black and lives in Virginia“, verriet Fletch – ein Scherz? Ich hielt Martin Gore bis dato immer für den Prototypen eines blonden Mitteleuropäers.

Mit so viel Blues in der Musik und „im Blut“ ist es nicht auszuschließen, dass Depeche Mode noch mit einem echten Rock’n‘ Roll-Album überraschen – in ein paar Jahren.

Für all diejenigen, die sich ein „Depeche Blues“-Album selbst zusammenstellen wollen, hier meine Empfehlungen (Inklusive Gahans/Gores Solowirken):

Depeche Mode – Pleasure, little treasure
Depeche Mode – Route 66
Martin Gore – Motherless child
Depeche Mode – Personal jesus
Depeche Mode – I feel you
Depeche Mode – Freestate
Depeche Mode – Dream on
Depeche Mode – Breathe
Dave Gahan – Dirty sticky floors
Dave Gahan – Bottle living
Dave Gahan – Black and blue again
Martin Gore – In my time of dying
Dave Gahan – Kingdom
Depeche Mode – John the revelator
Depeche Mode – Miles away / The truth is