Big Daddy Wilson gastierte am 18. Mai 2015 im Mühldorfer Haberkasten. Mit seiner CD „Time“ im Ohr war ich auch auf Big Daddy Wilson sehr gespannt. Big Daddy Wilson stellte sich als sehr offener Gesprächspartner heraus, der sich mit Leib und Seele ins Erzählen seiner Geschichte steigert. Am Ende hatten wir zusammen mit seiner Frau Helga Blound ein lebhaftes Interview und konnten phantastische Bilder mit Big Daddy Wilson einfangen. Hier noch der Hinweis, dass wir über das Konzert noch mal separat berichten.
WP: Wie sprechen Dich die Menschen an? Big Daddy? Sir?
BW: Sie sprechen mich mit Wilson an.
WP: Wo lebst Du?
BDW: Ich lebe momentan in Norddeutschland in Bremen.
WP: Und wo kommst Du her?
BDW: Ich komme von North Carolina aus Edenton.
WP: Du hast seit 2005 11 Alben veröffentlicht. Wo wurden diese Alben aufgenommen?
BDW: Die wurden bereits hier in Europa aufgenommen. In Deutschland, Schweden, Frankreich, Finnland, Ungarn.
WP: Zu welcher Gelegenheit machst Du eines Deiner Projekte, die Du auf der Webseite gelistet hast und wann geht es mit der Big Daddy Wilson Band voran?
BDW: Ein Projekt gab es immer dann, wenn ich interessante Leute oder Musiker getroffen habe. Dann haben wir entschieden, mal ein kurzes Projekt zusammen zu machen. Die Band ist etwas Langfristiges. Dann touren wir auch durch Europa. Ein Projekt kann nur eine CD sein oder eine kurze Tour sein.
WP: Die Projekte enden immer in einer CD?
BDW: Nein, nicht immer.
WP: Erzähle uns bitte etwas über Deine Neuseeland-Tour.
BDW: Wir haben eine New Zealand Tour für den ganzen Monat September geplant. Das ist ein schönes Land. Ich war vor 2 oder 3 Jahren schon mal da und ich hatte dort eine schöne Zeit. Was aber noch so speziell war, ist dass ich den ersten Blues Deal mit einem Deutschen dort gemacht habe, der mich im Duo als Gitarrist die ganze Zeit begleiten wird. Dass er mich nach so langer Zeit dort begleitet ist das Spezielle an der Sache.
WP: Ich habe von Freunden vor Ort gehört, dass ein keine ausgeprägte Bluesszene gibt und die Leute daher sehr begehrlich auf Blues sind.
BDW: Das ist wahr. Die Leute mögen das und sind sehr dankbar.
WP: Der Song „New Zealand – Aotearoa” auf dem „Time“ Album steht mit dieser Tour in Verbindung?
BDW: Genau. Als ich da war, haben mich die Leute und das Land so inspiriert, dass ich einen Song darüber schreiben wollte. Ich hatte die Bilder im Kopf und versuchte die richtigen Worte und den richtigen Weg zu finden, um das auszudrücken. Mein Gitarrist ist aus Schweden und ich zeigte ihm den Text – Staffan Astner, der ist genial auf der Gitarre und auch im Studio – er hat das Album produziert – (lacht) – der ist gut – wie auch immer. Es zeigte mir Musik dazu und fragte mich: „Wilson, wie magst Du das so oder lieber so?“. Ich fühlte, dass das perfekt dazu passt und so war ich glücklich, für dieses Land diesen Song zu machen, um das zu reflektieren, was wir dort erlebt haben.
WP: Lass uns über das neue Album “Time” reden. Wo hast Du es aufgenommen?
BDW: Teile von „Time“ wurden in Deutschland aufgenommen, ein andere Teil in Finnland, ein Teil in Schweden und ein kleiner Teil in Frankreich.
WP: Das ist ja ein wahres EU Projekt. Hast Du eine Förderung dafür bekommen?
BDW lacht: Das wäre schön gewesen.
WP: Wer war auf diesem Album mit dabei?
BDW: Bei dem Teil, den wir in Frankreich aufgenommen haben, war Staffan Astner dabei. Wir haben viel auf Tour aufgenommen. Eric Bibb war in Finnland mit dabei und wir haben mit Eric in Deutschland aufgenommen. Und dann hatten wir noch meine italienische Tourband mit Roberto Morbioli und Paolo Legramandi. Auf zwei Songs war noch Niccolo Taccori dabei. Mann, wir hatten so viele Musiker dabei. Ich muss es direkt mal nachlesen. Wir hatten wirklich viel Unterstützung.
WP: Die Aufnahmen unterwegs waren in lokalen Studios aufgenommen oder wirklich während den Shows?
BSW: Weißt Du, heute haben die Jungs alle Computer dabei. Teilweise haben wir im Hotel aufgenommen. Den Teil, den wir in Frankreich aufgenommen haben, haben wir so gemacht. Die anderen Teile haben wir in Studios aufgenommen.
WP: Kommst Du mit diesen mobilen Aufnahmetechniken zurecht?
BDW: Ich mag das. Man kann immer aufnehmen, wenn man Lust hat und sich danach fühlt. Im Studio hat man zwar alle Instrumente und das Equipment, aber manchmal ist einfach ein ungutes Gefühl oder gerade nicht das richtige Gefühl, um das Ganze richtig aufzusetzen. Der Computer hilft einfach, sich beim Aufnehmen freier zu fühlen. So eben auch geschehen bei unseren Aufnahmen in Frankreich. Ich mag das, wenn einfach aufnehmen kann. Ich mag keine Studios, wo man sich über Equipment und Technologie Gedanken machen muss. Blues ist eine Musik, wo man sich frei fühlen muss. Genau so, wie wir uns Beiden gerade unterhalten. Wenn wir das Gespräch in einem Studio machen würden, wäre ich eine andere Person. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber hier in Deiner Nähe ist das gut. Dort müssten wir vielleicht Kopfhörer tragen und das wäre nichts für mich.
WP: Kann man einen Bullfrog wirklich auf den Grill legen und essen?
BDW lacht: Ein sehr gute Frage…
WP: Frag meinen Photographen Christophe, Er ist Franzose und kennt Froschschenkel. Die sind zwar kleiner…
BDW: Das war genau der Grund für den Song. Wir waren in Frankreich und die Froschschenkel sind da eine Delikatesse. Ich wollte darüber etwas schreiben, weil wir sind ja auch beim Dixiefrog Label sind. Zufällig waren wir in einem kleinen Hotel in Südfrankreich mit einem Swimmingpool draußen und daneben einen kleinen Fischteich und darin ein Frosch. Und den wollten wir aufnehmen, weil er wie ein Bullfrog klang. Und so kam das zu Stande. Aber ich wollte nicht so direkt über zu verspeisende Froschschenkel reden.
WP: Wer ist das “Girl in North Germany” in “She loves Me”?
BDW lächelt und deutet auf seine Managerin Helga Blound gegenüber.
Helga Blound: Du hast das nicht gewusst?
WP: Ich habe es geahnt.
BDW: Sie ist meine Frau. Wir sind verheiratet und auf jeder CD und auf jedem Konzert singe ich ihr einen Song und auf der jetzigen CD ist das ihr Song.
WP: Und wer ist “Daisy”?
BDW: Daisy ist meine Tochter. Sie sagte zu mir: „Für alle schreibst Du Songs, nur nicht für mich“. Ich bin verrückt nach ihr. Wir waren im Studio in Schweden und Staffan fing auf seinen Gitarren an, was zu spielen. Ich sagte, er soll das weiterspielen und so war der Song geboren und ich konnte den Song für meine Tochter machen, was mich sehr glücklich macht.
WP: “Time is not your friend” – Wer ist stattdessen Dein Freund?
BDW: Weißt Du, Zeit ist neutral. Aber in der heutigen Zeit sagen wir das so dahin: Die Zeit ist nicht Dein Freund. Wir sind durch die Zeit gedrängt. Und wenn Du älter wirst und in den Spiegel schaust, siehst dass Du älter wirst. Daher ist die Zeit nicht Dein Freund.
WP: Hast Du Angst, Zeit zu verlieren?
BDW: Ich nicht, ich bin entspannt, ich bin langsam und ruhig. Meine Frau ist da etwas pünktlicher.
WP: Etwas deutscher?
BDW: Ja, etwas deutscher. Deshalb singe ich ja in ihrem Lied:” Sie ist immer 10 Minuten vorher da”. Sie bekommt immer zuerst Stress bevor ich ihn abbekomme. Sie hält mich auf der Spur.
WP: Ich habe diese Antwort so nicht erwartet, daher wäre die nächste Frage gewesen: Wo verlierst Du Zeit?
BDW: Wo verliere ich Zeit? Nun, ich hänge viel rum, aber ich genieße das und entspanne mich dabei.
WP: Versucht Du es zu vermeiden, Zeit zu verlieren oder das akzeptierst Du so?
BDW: Das akzeptiere ich so.
WP: Welche Gitarren spielst Du?
BWD: Ich bin kein ausgesprochener Gitarrenspieler. Aber ich komponiere Songs und spiele meine kleinen und einfachen Gitarrenlicks auf einer akustischen Gitarre dazu. Ich habe auch eine Gibson 335 und ich spiele meine einsaitige Diddley Bow. Heute Abend hast Du Gelegenheit, einen wirklich guten Gitarristen zu hören.
WP: Jener, welche die Sliding Licks auf Deinem Album spielt?
BDW: Nein, nein. Er war bisher noch nicht mit mir. Ich traf ihn durch unseren Bassisten und wow, ich bin froh darüber
WP: Also besitzt Du keine Cigar Box Guitars?
BDW: Doch, aber es sind die Diddley Bows. Ich habe 3 oder 4 davon. Ich mag sie halt, weil sie nur einer Saite haben.
WP: Wer hat die gebaut?
BDW: Das ist so ein Typ aus Frankreich. Er heißt Marcelus. Aber ich bekomme eine Neue in Neuseeland. Stephan Gilberg baut sie für mich. Der spielt mit mir in Neuseeland, aber er ist auch ein Gitarrenbauer. Er sagte zu mir, ich brauche dort unten eine Diddley Bow und so bekomme ich da unten eine Neue.
WP: Du bist ein Bluessänger, ein Soulperformer und ein Folkmusiker. Wie siehst Du dich selbst?
BDW: Ich sehe mich mehr als Songwriter. Ich liebe den Blues, aber ich würde mich nicht als Bluesman bezeichnen. Ich liebe es, Blues zu singen, aber mein Blues ist mit Spiritual gemischt. Ich habe einen Spiritual-Hintergrund. Dazu kommt noch ein Mix aus Soul, so wie Du gesagt hast. Ich habe als Kind viel Folk und Country gehört. Dieser Teil hilft mir so beim Songschreiben. Diese Country- und Western Songs haben immer eine kurze und schöne Geschichte zu erzählen. Und das möchte ich mit meine Songs auch machen, um sicherzustellen, dass immer eine Kurzgeschichte dabei ist. Also bin ich trotz meiner Liebe zum Blues doch mehr ein Singer/Songwriter.
WP: Woher kommt der vielfältige Stil bei Dir?
BDW: Das kommt sicher aus dem Hintergrund meiner Kindheit, aber auch der europäische Einfluss. Ich spiele mit Deutschen, Italienern, Franzosen und Ungarn. Ich liebe diese Mischung. Das ist die Zukunft des Blues. Wir gehen in die Länder, spielen mit den Jungs, hören zu und spüren, wie sie mit dem Herz dabei sind. Und so geht es mir auch. Das ist mein Blues und das ist deren Blues. Ich mag es, wenn man z.B. hart am Original Skip James spielt, aber sei Du selbst und viele europäische Bluesmusiker machen das genau so. Das mag ich, während viele amerikanische Musiker immer noch versuchen, die Stars zu kopieren. Das ist nicht meins.
WP: Wo kommen Deine Texte her?
BDW: Vom Leben. Das Leben ist der Lehrer. Man muss nur die Menschen und die Natur beobachten, um zu sehen, was um einen herum passiert.
WP: Sind das Deine persönlichen Geschichten?
BDW: Die Meisten sind meine persönlichen Geschichten. Dinge, die ich gesehen oder gehört habe und dann werden sie meine persönlichen Geschichten. Ich möchte aber nicht zu persönlich werden, da die Menschen auch sich selbst erkennen sollen. Im gleichen Maß möchte ich Licht auf auf meine Geschichte werfen, um zu zeigen, wie ich aufgewachsen bin und wie ich zu dieser Musik und phantastischen Vergangenheit gekommen bin. Darum rede ich über diese Vergangenheit und die große Kultur, die wir haben. Das Meiste ist persönlich: Man muss es gesehen, gehört und gefühlt haben und daher ist es persönlich. Es geht um das Leben. Der Blues ist der Lebenssong.
WP: Zum Schluss ein kurzes Frage und Antwortspiel. Ich nenne einen Namen und Du antwortest mit einem kurzen Statement:
a: Gregor Hilden:
Großer Gitarrist und toller Typ, mit dem ich oft zusammengearbeitet habe. Ich mag ihn.
B: Doc Fozz:
Ein feiner Mensch, mit dem ich eine Reise begann. Wir haben Songs zusammen geschrieben. Wir tourten zusammen. Er war mein Partner und ist mein Freund seit langer Zeit.
C: Helga Blount:
Sie ist mein Ein und Alles – meine Ehefrau, mein Manager. Helga wirft ein, dass die Jungs die Musik machen und sie alles Andere
D: Walter Haber aus Ingolstadt:
Schöner Ort zum Spielen. Wir werden da auch spielen. Er kennt seinen Blues. Er hält den Blues am Leben.
WP: Ich soll Dir noch schöne Grüße von Eb Davis ausrichten.
BDW: Danke. Das ist der immer bestangezogenste Bluesman, den ich je getroffen habe. Hat immer einen Hut und Anzug an.