Das Album beginnt grandios mit einem gaaaanz dumpfen Bass, ummantelt von einem minimalistischen elektronischen Rhythmus. Nach einer gefühlten Minute stimmt dann Dave Gahan ein. Mit „Welcome to my world“ wird der Hörer begrüßt. Ein durchweg gelungener Song, der durch die Songstruktur (ruhiger, melancholischer Gesang mit in einem streicheruntermalten Refrain) verdammt an die SOFAD-Zeit erinnert. Endlich, will man ausrufen, besinnen sich DM wieder auf ihre musikalischen Stärken. Das bleibt leider nicht so. „Angel“ heißt der zweite Track, bei dem Schlagzeug und Synthesizer tonangebend sind. Gahans bluesiger Gesang ist rauer und fordernder im Gegensatz zum Opener und neigt im Refrain zum theatralischen. Der Beat ist treibender. Mit „Heaven“ folgt die erste Singleauskopplung (01.02.2013) des Albums. Ich weiß bis heute nicht, warum DM diesen Song als „Erste Single“ ausgewählt haben. Manche munkeln, die Band habe marktorientiert gehandelt. Normalerweise melden sich Depeche mit einem großen Hallo zurück. Wer erinnert sich nicht an „Barrel of a gun“, „Wrong“ oder „I feel you“. Sei es darum: Es ist eine zarte Ballade. Besonders bei den Damen, egal ob DM-Fan oder nicht, kam dieses Liedchen gut an. Und nach mehrmaligem Hören muss ich sagen: Ja, der Song hat was. Es hat aber Zeit gebraucht. Die Sangesleistung von Gahan ist schlicht und einfach sehr gut. Unterstützung erfährt der Gesang durch ein zerbrechliches, melancholisches Piano-Thema. Böse Zungen behaupten nach wie vor, dass „Heaven“ irgendwie nach U2 und nicht nach Depeche Mode klingt, zu akustisch, zu organisch und zu langsam. „Secret to the end“ ist ein schneller Track und wartet mit einem Synthysturm auf. Tanzbar jedoch ist er nur bedingt. „My little universe“ stellt für mich den Nachhall des Projektes Clarke/Gore (VCMG – SSSS) dar. Wer verspielten, trockenen High-End-Techno mag, findet diesen Track klasse. Ich nicht. „Slow“ will ich mal als die Blues-Nummer des Albums bezeichnen. Ein netter Song, mehr nicht. „Broken“ dagegen ist ein toller Song, der mich irgendwie an „behind the wheel“ erinnert. Cool, die abgeschnittenen Synth-Trommeln und der Hall im Hintergrund. Düster und dunkel sind ja fast alle Songs auf diesem Album, aber “Broken“ ist es umso mehr. Das wäre eine tolle Single -Auskopplung geworden.
Kein Album ohne eine Martin-Gore-Ballade: „The child inside“ wird düster-hymnisch präsentiert. Ansonsten fällt der Song nicht weiter auf, will sagen: MG hatte schon besseres aufzubieten. Auch der Freund oder die Freundin des Rockabilly kommt auf seine bzw. ihre Kosten. „Soft touch/raw nerve“ ist zwar nicht mein Favourit auf dem Album, aber er hat mit seinen Rockabilly Anleihen etwas von „John the relevator“. „Should be higher“ erinnert vom Sound her an die „Ultra“-Zeit. Als dritte Single-Auskopplung ist er eine gute Wahl. „Alone“ fällt durch den trommelnden Beat auf – und das war es dann auch schon. „Soothe my soul“ wiederum erinnert an „Personal jesus“. Kein Wunder also, dass dieser Song als Single ausgekoppelt wurde. Beide Songs würden im Übrigen auch ein tolles Mash-Up ergeben, weil sie sich vom Stil und Rhythmus (PJ – Pump mix) gleichen. Der klassische DM-Song schlechthin auf der Scheibe. „Goodbye“ rundet die Scheibe mit Blues ab. Es ist ein Cowboy-Song. Die Akustikgitarre passt perfekt in das Electro-Fundament. Die Helden reiten aus der Stadt – der untergehenden Sonne entgegen. Es ist ein langer Abschied. Sie lassen uns zurück mit einem guten Album. Die Bonus-CD enthält vier Tracks, wobei „All that´s mine“ hervorsticht.
Fazit: Das Album begeistert mich – auch nach 3 Jahren. Obwohl „Delta Machine“, wie gewohnt, keine leichte Kost ist. So mancher musikalische Happen auf der CD möchte einem im Halse stecken bleiben und man muss schon kräftig schlucken, damit man ihn verdauen kann (siehe „My little universe“ oder „Goodbye“). Aber es ist ein gelungenes Album. Besser als seine beiden Vorgänger. Die Vermischung von Electro und Blues funktioniert. Delta Blues trifft auf verspielten bis minimalen Electro – oder umgekehrt. Nur eines sollte zukünftig nicht übertrieben werden – der Soul in Gahan´s Stimme.
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