Sie wohnt in Kalifornien. Doch ihre erste Begegnung mit dem Blues hatte Deb Ryder in Chicago. Und so hört man in ihren Songs sowohl das Erbe von Etta James als auch von Koko Taylor, sowohl den Blues von B.B. King als auch den von Taj Mahal. 

In den 70er Jahren eröffnete Deb Ryder regelmäßig Konzerte für Neil Young aber auch für Taj Mahal, Big Joe Turner oder Charlie Musselwhite. Vor allem die Bluesmusiker traten regelmäßig in The Topanga Corral, dem Rockclub ihres Vaters auf. Denn Big Joe Turner organisierte dort einen wöchentlichen Bluesabend. Und wenn man dann noch weiß, dass auch Bob Hite von Canned Heat zu den regelmäßigen Gästen des Hauses gehörte, dann kann man sich vorstellen, was für eine hervorragende Schule das für eine junge Sängerin gewesen sein musste.

Allerdings konnte mich nichts wirklich darauf vorbereiten, in ihr auch eine der herausragenden Songwriterinnen des Blues heutzutage zu finden: Ob sie drüber singt, ob sie sich an der Geliebten ihres Mannes rächen soll oder ob sie mit der Power einer Gospelpredigerin ihre Gemeinde auffordert, ihr Licht hoch zu halten, damit die Welt geheilt werden kann: Das sind Lieder, die zwar musikalisch und von den Themen her ganz dicht dran sind am Erbe des klassischen Blues. Doch mit der Ehrlichkeit, mit der persönlichen Verletzlichkeit, die sie in ihren Stücken zeigt, ist sie eben weit davon entfernt, lediglich ein weiterer Retro-Act zu sein, der Konzerte für ein nach rückwärtsgewandtes Publikum spielt. Nein, Deb Ryder ist eine Bluessängerin und Songwriterin im eigentlichen Wortsinn: Sie nimmt ihr Leben, ihre Wut und Trauer, ihre Hoffnung auch und macht daraus allgemeingültige Stücke, die beim Publikum ebenso persönliche Erlebnisse ansprechen können.

„Let It Rain“ ist für mich eines der überraschenden Fundstücke des Bluesjahres 2015. Es verdient eine dicke Empfehlung!