Zwischen übersprudelnder Freude und tiefer Traurigkeit: Der Brite Dan Sowerby kann seine Gitarren in der jeweiligen Stimmung singen lassen. Hier wird der Blues niemals neu erfunden. Doch wer Bluesgitarren zwischen jagendem Slide und elegisch wie bei Gary Moore liebt, sollte in „Milestone“ reinhören.
„When I Play The Blues“ oder „Good Times“: Wenn Dan Sowerby bei guter Laune ist, dann wirkt seine Musik sofort ansteckend. Seine Lieder knallen rein und seine Gitarre kommt sofort auf den Punkt und lässt keine Fragen offen. Wenn er wie bei „Moan n Wail“ oder „Keep Moving“ traurig ist, dann ist das für mich nicht ebenso überzeugend. Aber das mag auch an meiner derzeitigen Stimmungslage liegen, wo ich tragische Sounds und elegische Soloexkursionen nicht gutieren kann. Da schleicht sich zuweilen ein verstohlenes Gähnen ein obwohl Sowerby eigentlich nur das macht, was man gemeinhin von Bluesgitarristen erwartet: Seine Stimmung in Solos zu übersetzen. Doch wo mir B.B. Kings Lucille ein Schluchzen in den Hals und Tränen in die Augen treiben kann, wo ich bei Buddy Guy meinen Schmerz rausschreien möchte – von dieser Intensität des Spiels ist der Brite noch etliche Jahre an Lebenserfahrung entfernt.
Nein, „Milestone“ ist beileibe kein schlechtes Album. Nur fehlt ihm die emotionale Tiefe und Ehrlichkeit, die ein Bluesalbum auszeichnen sollte. Die kann man nicht durch technisch perfekte Instrumentenbeherrschung ersetzen. Die muss man im Laufe eines Lebens erleiden und immer neu in Lieder übersetzen.