Wilhelm Hauffs Märchen vom Kalten Herz als russisches Rock-Album? Die ukrainische Gruppe Dan Darasch nutzt das Stück zu einer Abrechnung mit ihrer Gegenwart.
Das ist kein Album über die guten Seiten der Gesellschaft. Das ist der erste Satz, den die aus Trylisy, Ukraine, stammende Band Dan Darasch zu ihrem 2009 bei Jamendo veröffentlichten Album Cold Heart schreibt. Lügende Politiker, blödsinniges Kino, alkoholisierte Jugendliche oder Menschen, die an nichts anderes mehr denken (können) als den Job und sich über den nächsten Tag zu schleppen. Und natürlich das Geld. Klassischer Rockstoff eigentlich – wenn man denn an die gesellschaftliche Relevanz von Pop und Rock glauben mag. Punk wäre die richtige Begleitung dafür. Oder auch Metal.
Doch die Band macht nicht das Offensichtliche. Nein, sie schreiben ein Konzeptalbum, bei denen die Titel nahtlos ineinander übergehen. Und sie passen die geschilderten Probleme ein in eine Geschichte, die sich an dem gruseligen Märchen vom Kalten Herz des deutschen Schriftstellers Wilhelm Hauff orientiert. Und das konnte man nun überhaupt eigentlich nicht erwarten.
Musikalisch spielt sich das ganze im Mainstream ab: keine übermäßige Härte, gepflegte Gitarren, sphärische Keyboards, schwermütige Chorgesänge. Sehr eingängig das ganze. Und irgendwie hypnotisch. Für das sonstige Werk der Band eigentlich nicht unbedingt typisch. Denn die im Cyberspace gegründete Gruppe steht sonst eher für die Elektro-Pop-Schiene, bringt die Schwermütigkeit der besseren 80er-Jahre mit der russischen Seele zusammen und macht daraus Tanzmusik für die dunkleren Abende des Lebens.