Großstadtblues kann auch fern von Memphis oder Chicago entstehen. Selbst in Köln ist das möglich, wie der Cologne Blues Club 2011 mit seinem Debüt Our Streets eindrucksvoll belegte.
Durch einen Servercrash war ich gezwungen, die Rezension zu dem 2011 im Februar erschienenen Debüt "Our Streets" des Cologne Blues Club neu zu schreiben. Und so etwas kann ich nicht tun, ohne nebenbei nochmals die Scheibe laufen zu lassen. Mein Urteil bei der ersten Rezension lautete sinngemäß (wenn mich meine Erinnerung nicht trügt): Eine wirklich beeindruckende Scheibe haben die fünf Kölner da abgelegt. Völlig zu Recht wurden sie von den Lesern unseres Magazins auf Platz 2 der besten elektrischen Bluesalben (national) gewählt. Das Urteil kann man so stehen lassen. Der Rest allerdings will mir nicht mehr einfallen. Also kommt hier Version 2.0 meiner Rezension:
Für die Qualität von Bluesalben hab ich einen bemerkenswerten Indikator gefunden. Jedes Mal, wenn mein Webmaster sich bei den täglichen Musikberieselungen anerkennend mit Fragen oder Bemerkungen meldet, kann die Scheibe schon mal nicht schlecht sein. Wenn er aber gar selbst in meiner Abwesenheit ein Album ohne Zwang selbst in den Player legt und anhört, dann ist das ein echter Knaller. Denn er ist nun sicher alles, aber kein erklärter Bluesfan. "Our Streets" hat diesen Status in unserer Redaktionn von Anfang an erreicht.
Der Grund liegt ganz einfach darin, dass der Cologne Blues Club einen absolut eingängigen und niemals aufdringlichen Blues spielen, wo die Brillianz der Musiker niemals ein Selbstzweck ist sondern immer nur so weit in Erscheinung tritt, wie es die Songs brauchen. Und die zwölf Songs – halb Klassiker wie "Shame Shame Shame" oder "Gotta Get It Worked On", halb eigene Geschichten aus dem Leben heute in Köln am Rhein – sind durchweg mehr als gelungen. Die Stimme von Sänger Geza Tenyi (auch an der Bluesharp für mich eine echte Entdeckung) muss nicht mit ihrer Power protzen sondern bleibt eindringlich und einschmeichelnd in jedem Tempo. Und die zwei Gitarristen Micka Kunze (slide) und Thilo Hornschild bilden ein derartig eingespieltes Doppel, dass manche Kollegen sich an Bands wie Delta Moon erinnert fühlen. Klar ist auf jeden Fall: so was gab es im deutschen Blues lange nicht. Die Rhythmusgruppe (Michael Bebhart – b, Axel Hahn – dr) liefert dazu die passenden Grooves, die mal nach aktuellem Chicago-Blues, mal auch nach Funk aus Memphis klingen.
Für mich sind es gerade die eigenen Songs, die "Our Streets" so besonders machen. Sei es der rockige Opener "Back for Blues", sei es die unwiderstehlich groovende Nummer "Let us roll" oder die Geschichte vom "Cologne City Man". Hier haben Musiker ihren Blues, fernab der historischen Baumwollfelder, gefunden und überzeugend in Lieder verpackt. Und wenn man das mal sagen darf: Sie klingen dabei so deutsch, wie Hank Shizzoe oder Philipp Fankhauser nach der Schweiz klingen. Nämlich überhaupt nicht.