Mit der Reihe „Songs from the Road“ hat das Label Ruf Records in den letzten Jahren Maßstäbe in Sachen Live-Alben im Blues gesetzt: Man will den Hörer direkt vor die Bühne setzen und ihn die Konzerte in all ihrer Energie nacherleben lassen. Für das Doppelalbum von Coco Montoya hat man Mitschnitte aus zwei Auftritten im Triple Door-Club in Seattle ausgewählt, die von Jim Gaines hervorragend produziert wurden.
Als ich zum ersten Mal die prägnante Gitarre von Coco Montoya hörte, war das in den 80ern, als er gemeinsam mit Walter Trout in der damaligen Version von John Mayall‘s Bluesbreakers spielte. Hier setzte sein schneidender (und unüberhörbar an Albert Collins erinnernder) Gitarrenton die nötigen Kontraste nicht nur zu Trout sondern vor allem auch zu Mayalls Keyboards und seiner Harp. In seiner aktuellen Band gibt es nicht die Konkurrenz eines zweiten Gitarristen. Auf „Songs from the Road“ gibt es aber die wunderbaren Keyboardeinlagen von Brant Leeper, die in Songs wie „Love Jail“ den Blues Montoyas fast in die Bereiche der frühen Deep Purple transportieren.
Montoya und seine Band lassen sich für die einzelnen Lieder gehörig Zeit: Kein Song ist kürzer als fünf Minuten. Einige sind länger als zehn. Und gar eine Viertelstunde lässt sich die Band Zeit, um „Good Days, Bad Days“ zu zelebrieren. Wer lange und technisch brilliante Soloeinlagen schätzt, kommt hier voll auf seine Kosten. Für mich ist das ganze ein wenig zu viel des Guten. Klar: Montoya ist ein herausragender Gitarrist im zeitgenössischen Blues. Er ist auch ein wundervoller Sänger. Aber die Kunst des Solos liegt in der Fähigkeit der Reduzierung auf das Wesentliche. Für mich hätte man das hier noch mehr beherzigen können. Nach dem Ende der beiden CDs bin ich einfach nur noch total übersättigt. (Ruf/in-akustik)