Mann, was war denn das? Das Konzert von Budam im Kulturzentrum Schlachthof war in jeder Beziehung einzigartig. Eine musikalische Perfomance, die ganz und gar nicht in irgendeine Schublade passen will, sei sie auch noch so dehnbar. Auch ‚Weltmusik‘ kann dieses Phänomen von den Färöer-Inseln nur schwer beschreiben. Doch egal wie unbeschreiblich das Ganze auch sein mag, das Publikum war hocherfreut und erklatschte sich zwei ebenfalls ungewöhnliche Zugaben.

Unter einem hellen Kapuzenpullover verborgen betrat Budam gemeinsam mit seinem Partner an Drums und Säge, Knut Arne Sinsrod, den uns Budam als „Mister J“ später vorstellte, die Bühne des Kulturzentrum Schlachthof, hängte sich die E-Gitarre über und startete eine entschleunigte Reise in die Bilder der Dunkelheit. Sphärische Klänge zu Beginn, Mister J nahm sich die Säge, Budam nur wenige Töne auf der Gitarre und pfeifend; begann der Meister mit den Worten „The end is near“. Und sofort wurde klar, diesen Menschen muss man unbedingt auch sehen! Er hat eine Mimik parat, die seine Lyriks und all die unausgesprochenen Gedanken vortrefflich unterstützt. Dazu gelingt es ihm in unübertroffener Weise mit der Distanz zum Mikro zu spielen oder sogar tonlos zu singen. Dass das Publikum dies auch als komödiantische Beiträge interpretiert ist sicherlich legitim. Das es die tiefen Aspekte des menschlichen Seelenlebens, die Budam in seinen Liedern besingt, auch wahrgenommen hat, glauben wir einfach mal. Denn da hat Budam erstaunliches zu bieten. So beginnt er z.B. mit dem eher ungewöhnlichen Aufruf „Unfold your umbrellas“ oder besingt den Mann der alles weiß und, zum großen Unglück, auch gleich noch in meinem Appartement wohnt.

Aber auch vor dem Leben der Tiere macht Budam in seinen Texten nicht Halt. So gibt es im Song ‚The Elephant‘ folgende Zeilen zu hören: Eli the elephant sits all day in his appartement, watching TV and eating crisps cause there’s nothing, nothing else he can do. Caged like an animal in his own livingroom, tied to his chair with a chain of dispair there’s nothing, nothing he can do.

Die Musik dazu bleibt nordisch rauh, oft nebulös, reduziert auf Wesentliches. Knut Arne Sinsrod kann dies vorzüglich aufnehmen und mit Hilfe seines Drums, der Säge oder seines Gesangs verstärken. Es ist ein Happening für Augen und Ohren. Und immer wieder die kleinen Geschichten, die die Songs vorbereiten und die Hörer ein ums andere Mal zum Nach- und Weiterdenken veranlassen. Ganz stark auch seine erotischen Lieder, die weit ab vom platten ‚Sex/Drugs/Rock’n’Roll‘ sind. Sie haben etwas von Evangelien, diese Lieder, wobei eine besondere Nähe zur Apokalypse des Johannes zu bestehen scheint, was die Bildhaftigkeit dieser Musik betrifft. Budam spielt eine absolut unspektakuläre Gitarre, hat meist die Augen geschlossen, lächelt und vermittelt dennoch das Gefühl der 100% Präsenz.

Ungewöhnlich wie schon der ganze Abend dann auch die Zugaben. Der erste Set der Zugaben beschert dem gelösten Publikum Gedanken über eine besondere Art von Japanischen Männern, die ihre Ejakulation unterdrücken, um dadurch Spiritualität bzw. Weisheit zu erlangen. Der Song verbirgt keinesfalls eine feine Ironie über solches Denken, sieht man mal von Budams ausdrucksstarker Mimik hierzu ab. Es folgt das Lied über einen Clown, das sich der Meister selber widmet. Und, wir ahnen es sofort, dieser Clown, ist traurig. Noch einmal laufen Gesang, Gitarre und Drums zu spartanischer Höchstform auf. Minimalismus voller Hintersinn und Nachdenklichkeit, aber ein weiteres Mal gekleidet in die unglaubliche Sympathie und das Charisma des Protagonisten. Auch diese beiden Songs reichten dem Publikum noch nicht und so gab es noch eins oben drauf; The Yoni, ein Titel von seinem Album „Stories of Devils, Angels, Lovers and Murderers“. Auch hier durch die sparsame Instrumentierung einzigartig in der atmosphärischen Dichte. Wer einen ungefähren Eindruck von diesem außergewöhnlichen Menschen und dem Song erhalten möchte, folge einfach diesem Link.
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