From London to Timbuktu #1. by Ramon Goose
Es ist uns gelungen, den international erfolgreichen Musiker Ramon Goose für die Mitarbeit an Wasser Prawda zu gewinnen. Ramon wird über seinen Werdegang und seine aktuelle Arbeit berichten. Inzwischen lebt er sowohl in London als auch in der afrikanischen Welt. In seinen Projekten treffen sich Musiker aus der Sahara mit westlichen Bluesmusikern. Das Ergebnis ist spannend – es gelingt Ramon, beide Welten musikalisch zu verbinden. Mittlerweile liegen mehrere Alben vor. Ramon erzeugt Neugierde auf andere Musikwelten und erschließt uns eine fremde, spannende und wunderschöne Musikwelt. Heute schreibt er über seine Anfänge. (Bernd Kreikmann)
Meine ersten musikalischen Erinnerungen als Kind waren lebhaft und vielfarbig. Meine Mutter war ein Kind der Sixties, und so war das Haus immer durchdrungen vom Sound von Jimi Hendrix, der seine „electric church“ predigte. Oder meine Mutter tanzte Boogie zu alten Platten von Canned Heat. Genauso liebte diese Mutter Folk und Bluesmusik und war Teil der Bewegung des Folk- und Bluesrevivals in den 60ern, das dabei half, solche Vorkriegs-Künstler wie Big Bill Broonzy und Muddy Waters rüber nach Großbritannien zu holen, wo sie unvergessliche Konzerte vor weißen britischen Zuhörern spielten. Mein Vater stammte aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires legte immer Freitagnachts Tanzmusik aus Paraguay auf und Tango am Sonntag. So hab ich damals schon das Konzept verschiedener Musiken aus verschiedenen Kulturen verstanden. So erschien es mir völlig normal, afrikanische Musik anzuhören, als meine Mutter sie zu Hause auflegte. Während der Schule im Vereinigten Königreich (wenn ich nicht bei meiner Großmutter in Argentinien lebte), kam ich mir immer verloren vor, wenn Leute über die neuesten Popsongs redeten. Und die kamen sich noch verlorener vor, wenn, ich ihnen sagte, dass meine Lieblingsband Los Tres Paraguyos waren!

Eines Tages als ich durch meine Heimatstadt Colchester ging (eine kleine Provinzstadt im Osten Englands), hatte ich einen Moment der Erleuchtung. Ich sah am Ende meiner Straße (was eine Art Kreuzweg war!) eine türkisfarbene Fender Stratocaster im Schaufenster eines Musikgeschäfts. Ich fragte meine Großmutter, sie zu kaufen (was sie machte) und dann begann ich auf dem Instrument fleißig zu üben, bis ich einen gewissen Fortschritt gemacht hatte. Meine erste Inspirationsquelle kam von den Bluesplatten, die meine Mutter gesammelt hatte und zu denen solch legendäre Figuren wie Robert Johnson, Blind Blake, Blind Boy Fuller und mein Favorit von allen – der geheimnisvolle Skip James gehörten. Ich betrieb das Erlernen ihres Repertoires mit der gleichen Ehrfurcht, wie es ein Student mit dem klassischen Repertoire tun würde. Ich sah keinen Unterschied in der Bedeutung von Artikulation, Ton, Klangfarbe und Darbietung. Für mich waren diese Blueskünstler Meister der akustischen Gitarren.

So wie jeder junge Musiker arbeitete ich mich durch eine Vielzahl von lokalen Bands und Auftritten, bis ich schließlich noch während ich noch in Colchester war, eine Band namens Nublues gründete.

Ich hatte die verrückte Idee, die moderne Musik der Straße (Hiphop) mit dem Blues zu kombinieren. Denn ich glaubte in mancher Hiphopmusik einen gewissen beschaulichen Dialog zu hören, den man mit dem von Bluesmusikern der Vorkriegszeit vergleichen kann. Zum Beispiel nahm Kokomo Arnold, einer der populärsten amerikanischen Bluesmusiker der 1930er, 1935 ein Lied unter dem Titel „The Twelces“ auf, das auf „The Dozens“ basierte, das als ein Vorläufer der Hiphopmusik beschrieben wird. Ich produzierte das Album „Dreams of a Bluesman“, wo ich versuchte, eine Verbindung zwischen diesen historisch getrennten aber kulturell verbundenen Stile herzustellen. Während ich noch nach einem Plattenvertrag suchte, geriet das Demo in die Hände von Chris Thomas King (Star in dem Film „Oh Brother Where Art Thou“ von den Coen-Brüdern). Er ergriff sofort die Chance, uns bei der Realisierung des Projekts zu helfen (als Executive Producer) und brachte uns bei einem Label in New Orleans unter Vertrag.

Plötzlich landeten wir im französischen Fernsehen und tourten durch Europa, wo Leute in ausverkauften Konzerten unsere Lieder mitsangen. Das war ein echt aufregendes Erlebnis. Und auch wenn es nur kurz andauerte, gab es mir das Selbstvertrauen, weitere musikalische Abenteuer auszuprobieren.