Es gibt wenige locations, die sich nahezu ausschließlich dem Blues bzw. Bluesrock verschrieben haben, der Downtown Bluesclub in Hamburg gehört auf jeden Fall dazu. Wenn man mal auf das Programm dieser Tage schaut, findet man relativ bekannte Namen: Walter Trout etwa, Bernard Allison (Luthers Sohn) oder eben Eric Sardinas, der am 6. November den Klub zum Brennen brachte.

Eric Sardinas im Downtown Blues Blub Hamburg

Eric Sardinas wurde durch sein Engagement im Vorprogramm von Steve Vai einem größeren Publikum bekannt. Was einen Prog-Helden dazu bringt, einen stilistisch deutlich eingeschränkteren Künstler wie Sardinas ins Vorprogramm zu holen, wurde mir erst nicht ganz klar. Wobei eine optische Ähnlichkeit besteht, wer Sardinas sieht, denkt unweigerlich an Vais‘ Rolle als Gitarrist des Teufels im Kinofilm „Crossroads“. Und sich einen heißen Shouter als Support zu holen, kann nie verkehrt sein. Sardinas selbst ist dem breiteren Publikum eher unbekannt geblieben, allerdings hatte er einen Song in dem Kinofilm „Daddy ohne Plan“ mit dem Ex-Wrestler The Rock, eine alte Elvis-Nummer „Burning Love“, die auf Sardinas CD von 2008 enthalten ist. Dies war eine der wenigen Gelegenheiten, zu denen meine Töchter im Tewnie-Alter einen Künstler hörten, der sich in meinem CD-Regal befindet, das ist doch schon mal was.

Also, Mittwoch Abend im Downtown Bluesclub, ein Teil des Landhauses im Stadtpark, in dem z.B. Kuno seine Interviews mit Musikern für die Sendung „Kuno“ führt, die auch im Greifswald-TV läuft. Der Klub ist für einen Mittwoch gut gefüllt, ca 150 Leute, meist die Blues-Generation, die ich so ab 45 Jahren und über 90 Kilogramm Körpergewicht ansetzen würde, viele graue Zöpfe, wenige Frauen, Bier ist das vorherrschende Getränk. Die Ansage kommt 10 Minuten nach 20.00 Uhr, dann kommt Sardinas mit seiner Band Big Motor. Schon die optische Erscheinung ist eine klare Ansage: ein schwarzer Schlangenlederanzug, lange schwarze Haare, ein Hut mit einem Alligatorschädel dran.

Vor dem Gig hatte ich kurz einen Blick auf seinen Amp geworfen, ein alter JVM 800 Marshall ohne Mastervolume, d.h. ein Amp, bei dem Verzerrung erst ab einer Lautstärke erreicht wird, bei der Herzrhythmusstörungen einsetzen. Mit Sorge denke ich daran, dass meine Ohrstöpsel im Auto liegengeblieben sind. Aber diese Sorge erweist sich als unbegründet. Sardinas beginnt mit ein paar Slideriffs und geht sofort in Kontakt zum Publikum, die ersten Minuten spielt er allein und singt ohne Mikro! Dann donnert die Band in einen schnellen Shuffle und der Wahnsinn geht los.

Sardinas Stil kann man mit wenigen Worten beschreiben: voll auf die Zwölf, keine Gefangenen. Es sind an diesem Abend fast ausschließlich 3-Akkord Blues-Shuffle-Stücke, alles Up-Tempo Nummern, was bei diesem Publikum an diesem Abend aber gut funktioniert. Eric spielt als einziger Künstler, den ich kenne, akustische Dobros über einen Röhren-Amp, die damit auf brachiale Lautstärke gebracht werden. Dobros sind eine spezielle Sorte Akustikgitarre mit einem Resonator aus Metall, der ursprünglich dazu gedacht war, die Lautstärke dieser Gitarren in der prä-Verstärker-Ära zu erhöhen. Der banjoähnliche Klang wird vor allem von Slide-Gitarristen geschätzt, die diese Instrumente aber eben akustisch spielen. Akustik-Gitarren an einem Röhren-Amp entwickeln normalerweise nicht beherrschbare Feedbacks, was ja der Grund für die Entwicklung der normalen E-Gitarre war.

Wie Sardinas dieses Problem bei seiner Spielweise löst, weiß ich nicht, evtl. stopft er seine Dobros mit alten Socken aus? Jedenfalls, bei ihm funktioniert das super! Song auf Song kracht ins Publikum, das er auch ständig anspricht „Are you feelin´goooood????!!!!“. Und das Publikum geht mit und fühlt sich gut. 

Seine Dobro ist offen gespielt mit Kapodaster, also wahrscheinlich in D, mit Kapo spielt er dann in E. Nahezu alle Songs sind in der gleichen Tonart, damit das nicht langweilig wird, muß man gute Bgleitmusiker und einen reichlichen Vorrat an unterschiedlich klingenden Licks haben, was gerade mit einem Slide schwierig ist. Seine Begleitmusiker sind gut, der Bassist, der aussieht wie Dusty Hill von ZZ-Top, spielt einen soliden aber abwechslungsreichen Bass, der mit Effekten oft verfremdet wird und teilweise psychodelisch klingt, auch ein längerer Solospot für Bass und Drums wird eingelegt. Die Songs sind meist Eigene, teilweise werden auch Klassiker geboten wie der Muddy-Waters- Song „I can´t be satisfied“, aber die meistens Songs sind von Sardinas.

Das Konzert geht nach zwei Stunden zu Ende, die extrem kurzweilig waren! Es mag subtilere Musiker geben, aber ich bezweifle, dass es viele Bluesmusiker gibt, die eine derart energiereiche und dynamische Show bieten. Großartig!

Zum Schluß noch etwas, was ich noch nie erlebt habe: Sardinas kommt nach kurzer Pause in den Klub zurück, signiert CDs und Platten und plaudert lange mit seinen Fans. So fahre ich nach Hause mit dem Gefühl, ein wirklich gutes Konzert gesehen zu haben und mit einer signierten Vinyl-Scheibe von Sardinas.