Dieses Album ist wie eine großartig bestückte Jukebox: „Certified Blue“, das 17. Album der vor 30 Jahren gegründeten Black Sorrows ist eine Sammlung großartiger Songs, an denen Fans von Blues, Rock & Roll, Country, Gospel und Soul gleichermaßen ihre Freude haben dürften.
 

Es war irgendwann 1994. Wie jede Woche schaute ich in der Kleinstadt im Elektroladen vorbei. Denn neben Waschmaschinen, Kühlschränken und HiFi-Geräten gab es dort eine gut sortierte CD-Abteilung. Der Chef des Ladens hatte ungefähr den gleichen Geschmack wie ich. Und auch seine Frau wusste gleich, was mich interessieren könnte. Doch noch mehr Spaß hatten wir dabei, die diversen Neueingänge auf den besten Anlagen im Laden zu testen. Diesmal zog der Verkäufer eine CD aus dem Regal, die wir beide noch nicht kannten: „Lucky Charm“ von The Black Sorrows. Schon nach den ersten beiden Liedern stritten wir uns darum, wer das Album in seine Sammlung einsortieren darf. Er war ein guter Verkäufer. Und ich hatte ein Album, das ich in jeder Stimmungslage von vorne bis hinten hören konnte – und das komischerweise allen meiner verschiedenen Freunde auf Anhieb gefiel: Irgendwie waren die Lieder so vertraut, als würde man sie seit ewigen Zeiten kennen: eine Mixtur aus Blues, Rock und Soul. Retro meinte der Rolling Stone damals und hielt das für eine Kritik. Doch selbst der Rezensent kam nicht umhin, die großartigen Songs von Joe Camilleri zu bemerken. Irgendeiner meiner Freunde vergaß, mir das Album zurück zu geben. Und ich hab es bislang in noch keinem Geschäft wieder finden können. Die Band und vor allem dieses Album war für mich wie ein Phantom, ein Wunschtraum geworden.

Und dann spielte ein Freund in seiner Radiosendung etwas von einem neuen Album der Black Sorrows: Die gibt es wirklich noch? Und die sind wirklich noch so gut wie in meiner Erinnerung? Zwei Mal Ja!

Schon vom Opener „Roarin Town“ ist die alte Magie wieder da: Ein Kleinstadtsong, der ebenso aus den 50ern oder der Nachbarschaft des jungen Bruce Springsteen stammen könnte. Der Titelsong ist ein Liebeswerben mit röhrendem Saxophon und Streichern. „Can‘t Give Up On You“ ist wundervoll rotziger Bluesrock mit barmenden Hintergrundchören. Spätestens bei „Return of The Voodoo Sheiks“ ist ein absoluter Höhepunkt erreicht: Hier wandelt sich die Band zum Rockabilly-Orchester a la Brian Setzers Big Band. Wenn da nicht nur ab und zu auch Anklänge an den Bombast von Meatloaf um die Ecke tönen würden. Absolut unzeitgemäß. Vollkommen retro und ebenso großartig!

Beim „Righteous Blues“ kommt der Groove direkt von den Straßen von New Orleans, inklusive der Tuba und einem tollen Kornettsolo. Und der Text: eine Abrechnung mit Scheinheiligkeit und Vorurteilen. Ansonsten gibts noch schmachtende Country-Walzer, Gospelsongs, und Soulpredigten. Und ich finde eigentlich kein Lied, was da nicht hineinpassen würde in dieses Album.

Wer bei Musik weniger auf Aktualität als auf Songwriting schaut, wer Spaß daran hat, herrlich altmodischen Geschichten zu lauschen oder dazu zu tanzen: „Certified Blue“ ist dann ein absoluter Pflichtkauf! Ich hab endlich wieder eine Platte für alle Stimmungslagen.