Mit Alben wie „Männersachen“ oder „Artgerecht“ hatte Roger Cicero hierzulande einen ungeheuren Bekanntheitsgrad erreicht: Swingschlager mit deutschen Texten – für Jazz-Puristen oder -Polizisten fast ein Kapitalverbrechen, für die Belebung des Swing in Deutschland aber ungeheuer wichtig. Irgendwann aber schien es für den Jazzsänger an der Zeit, sich an seine Wurzeln zurück zu begeben. Gemeinsam mit Pianist Maik Schott, Schlagzeuger Mathias Meusel und Bassist Hervé Jeanne (alle aus seiner Bigband) gründete er die Roger Cicero Jazz Experience. Ausgiebig tourte er durch die kleineren Clubs mit einem rein englischsprachigen Jazzprogramm.
Wobei Jazz immer eine Definitionsfrage ist, wie man auf dem selbstbetitelten Debütalbum aus dem Jahre 2015 nachverfolgen kann: Klar stehen Jazz- und Swingnummern auf der Liste, aber ebenso auch Songs von Paul Simon, James Taylor oder Tom Waits. Alle aber werden durch die Arrangements zum eleganten Jazz umgeformt. Wie gut die Wahl seiner Begleiter war, kann man besonders gut im spannend-atmosphärischen „Ozean Ways“ nachvollziehen, wo sich Piano, Schlagzeug und Bass beim Aufbau eine Klanglandschaft unterstützen und gegenseitig interpretieren. Das ist wirklich schöner Jazz für verträumte Momente.
Ansonsten gibt es natürlich Cicero – hier kann er endlich mal den ganzen Variantenreichtum seiner Stimme ausloten vom schmachtenden Balladensänger bis hin zum übermütigen Scatgesang. Manchmal nur kommt seine schnodderige Art durch, aber immer scheint er genau ins Schwarze des Songs zu treffen, scheint genau an dem Ort zu sein, wo er gerne wäre.
Natürlich sind nicht alle Nummern für mich gleichermaßen überzeugend. Wie aus dem tragischen „Tom Traubert’s Blues“ von Tom Waits eine fast banale Schnulze wird, ist für mich schon fast schmerzhaft. Und auch „The Long And Winding Road“ von den Beatles hat er nicht wirklich etwas Eigenes abgewinnen könnnen. Dafür sind aber die Versionen von „50 Ways To Leave Your Lover“ (Paul Simon) oder von James Taylors „Whower The People“ wirklich gut gelungen. Von den Jazznummern wie „Moody’s Mood“ oder der Verballhornung von „Pennies From Heaven“ als „Benny’s From Heaven“ mal ganz zu schweigen.
Jazz mit ein wenig Pop, für manche vielleicht ein wenig glatt – insgesamt ist „The Roger Cicero Jazz Experience“ ein absolut gelungenes Jazzalbum eines tollen Quartetts. Schade das dessen Geschichte durch den überraschenden Tod Roger Ciceros so zeitig zu Ende gegangen ist. (Wavemusic)