Ein schwerer Hörsturz hatte Richard Bargel gezwungen, das Projekt „Men In Blues“ mit „Major“ Heuser zu beenden. Doch die vom Arzt verordnete Ruhepause hielt der Songwriter und Gitarrist nicht lange durch. Für sein neues Album „It‘s Crap!“ hat er mit Dead Slow Stampede eine neue Band gegründet. Als Gäste wirkten auch Charlie Musselwhite und Freddy Koella (Bob Dylan, Willy DeVille) mit.
Album des Monats Januar 2014 bei der „Wasser-Prawda“
Kann eine Stampede eigentlich tödlich langsam sein? Das neue Album von Bargel ist genau der richtige Beleg dafür, dass ein solch scheinbarer Widerspruch der genau passende Name sein kann. Scheinbar langsam und harmlos kommen die Lieder oft daher. Doch hinter der Fassade aus gepflegter meist akustischer Musik lauert oftmals eine nur hinter bitterem Sarkasmus versteckte Wut: Wut über den alltäglichen Müll, der einem überall angeboten wird, für den man Geld ausgeben soll. Wut auch über hirnlose Schönheiten, über schlechtes Benehmen. Bargel macht sich auch über sich selbst lustig, wenn er feststellt, dass er wahrscheinlich doch auf des Teufels Grill landen dürfte.
Solch deftigen Songs, solch bösen Humor bekommt man heutzutage nur selten noch zu hören. Und so kann man auch die Kollegen verstehen, die Randy Newman als Vergleich heranziehen.
Dann gibt es auf dem Album noch die andere, die tief romantische und verletzliche Seite des Richard Bargel zu hören. Ein Mann, der hoffnungslos romantisch ist und sich nach gelingender Liebe sehnt, der den Kreislauf von Rache und Gewalt durchbrechen will. Und auch wenn vor dem Kuss der Lady Of The Black Bamboo gewarnt wird: Irgendwie muss er selbst dieses Risiko auf sich nehmen.
Die Musik dazu? Klar ist hier Blues zu vernehmen, doch keiner der sturen 12 Takte. Nein, Bargels Songs verdanken dem Blues ebensoviel wie dem Country und Folk. Und die Band (Gitarrist Roger Schaffrath, Paul G. Ulrich – b, Geert Roelofs – dr) tut gerade soviel, um die jeweils notwendige Atmosphäre zu unterstützen. Die bluesigsten Stücke sind der Titelsong und „Devil‘s Bar-B-Que“. Hier setzt die prägnante Harp von Charlie Musselwhite die entscheidenden Akzente. Faszinierend bei Liedern wie „Slow Dancing Woman“ auch die Violine von Freddy Koella. Manche Lieder spielt Bargel auch allein mit seiner Dobro – denn mehr braucht es eben oft doch nicht, um die Botschaft zu vermitteln. Bargel ist ein Bluesprediger im besten Wortsinne, ein Musiker, dem die Welt nicht egal ist und der sich die Wut aus Rücksicht auf Verkaufszahlen und Zielgruppen nicht verbieten lässt, der aber tief im inneren weder zynisch noch resigniert ist sondern an eine Verbesserung der Welt und des eigenen Lebens glaubt. (Meyer Records)