Keine bleibende Stadt lautet der Untertitel des 2000 erschienenen Wenderomans von Otto Emersleben. In ihm schildert der Autor kaum verschlüsselt die Wendezeit in Greifswald.
Ende der 80er Jahre in Greifswald. Verfall und Abriss der Altstadt. Bohrende Fragen nach der Sicherheit des KKW in Lubmin. Die Stasi in allen Lebenszusammenhängen – mehr erahnt als gespürt. Eine Herbststimmung überall. Und immer wieder auch untermalt von den wabernden Nebeln im Herbst, den tausenden Krähen in der Pappelallee am frühen Morgen. Doch auch das Aufbegehren im Untergrund. Muss das wirklich so sein mit der Domrestaurierung? Müssen wir uns als Studentengemeinde es gefallen lassen, dass das Konsistorium sich immer mal wieder einzumischen versucht in unsere Arbeit?
„Novembermärchen. Keine bleibende Stadt“ von Otto Emersleben, erschienen 2000 im Schweriner Thomas Helms Verlag nimmt diese Stimmung auf. Allerdings aus der Sicht nicht der Studenten, sondern von „normalen“ Arbeitern in der Stadt. Menschen, die sich von der Stasi anwerben lassen, Menschen, die dem Zerfall der Stadt empört zuschauen, die dennoch bei der letzten Kommunalwahl brav ihre Stimmzettel ungelesen in die Urne werfen.
Otto Emersleben hat 15 Jahre in Greifswald gelebt. Aus seinem humorvollen, aber nicht satirischen Roman spricht viel Zuneigung, ja Liebe zu den pommerschen Revolutionären. Törnstedt ist ein Mikrokosmos der DDR und der Wendezeit, einschließlich der Wehmut, dass dieses Märchen aufhören muss. Kein Sommermärchen eben, ein Novembermärchen.
In seinem behutsamen Schreibstil macht er es dem heutigne Leser nicht wirklich einfach. Denn hier wird nicht eine actionreiche Story geschildert, sondern ein langsames Zerfallen und Aufbrechen, ein Wandel der Lebensperspektiven und der Zeit an sich. Für Greifswalder, die die Zeit miterlebt haben, wird vieles bekannt sein, was er schildert. Für Menschen, die Greifswald nur von der Landkarte kennen, ist es schwer, den allgemeingültigen Bezug der Geschichte zu finden. Denn auch wenn man die kleine Stadt am Bodden als Bild für die Lage in der DDR an ihrem Ende sehen kann – manches ist halt einfach doch typisch Greifswald. Auch wenn die Stadt nie so genannt wird.