„Homo Pilicrepus – Der ballspielende Mensch“ heißt das Stück, mit dem das Greifswalder Studententheater zur Zeit in der Brasserie Hermann zu Gast ist. Passend zur öffentlichen Fußballbegeisterung stellt das absurd-philosophische Stück die Frage nach dem Antrieb der menschlichen Zivilisation.

Was treibt uns Menschen in unserem Alltagsfrust eigentlich an? Wo bekommen wir die Energie her, Schwierigkeiten zu bewältigen? Und kann uns dabei die Philosophie überhaupt helfen? Das sind so ein paar Fragen, die das Greifswalder Studententheater in ihrer aktuellen Inszenierung anschneiden. Die Mannschaften auf dem Platz: Wir und Die. Wobei Die als Favoriten gehandelt werden: Politik, Jura, Kritik usw. bis hin zum Papst.

In einer großartigen Collage an Sprüchen werden die ach so hochgeschätzten Philosophen als das vorgeführt, was sie eigentlich sind: absolut miese Fußballer. Da definiert Adorno seinen Platz im Mittelfeld einfach als Position Adorno. Einstein unterschätzt die Relativität und wir immer langsamer. Einzig [[Epikur]] und Galileo scheinen das Spiel halbwegs zu genießen. Und auch der den meisten völlig unbekannte [[Richard Rorty]] hält humorvoll zumindest den Ball am Laufen. Und Jesus? Was macht denn Jesus da?, ist die ewige Frage. Kurzfristig für Samuel Beckett in die Abwehr gekommen – schießt ein Eigentor. Batman sorgt mit einer Blutgrätsche für einen Elfmeter. Und frustriert tritt Friedrich Nietzsche in der Halbzeitpause als Trainer zurück und macht dabei den Trapatoni. Siggie Freud als multiple Persönlichkeit von Ich, Es und Über-Ich macht den Fernsehmoderator und bringt entweder mit sich oder Aristoteles die nötige Delling-Netzer-Sinnlosigkeit ins Fernsehstudio. Hervorzuheben ist noch die Figur des Hans E. Lunk, eines Fans, der als Manschaftshymne Freddie Quins großartiges „Wir“ interpretierte und letztlich die Motivation der Mannschaft in der Halbzeit nach oben treibt. Aber auch er kann nicht verhindern, dass letztlich das Spiel in ein völlig absurdes Chaos abdriftet. Am Schluss bleibt Peter Lustig, der Platzwart, übrig und macht sich erst mal einen Kaffee aus Löwenzahn. Klingt zwar komisch, ist aber so.

Mit verschiedenen Gesichtsausdrücken und Gestiken machten die drei (plus Hans E. Lunk alias Juwe) Schauspieler die Vielzahl der Rollen leicht nachvollziehbar. Ihr Spiel trug, auch wenn man bei dem Tempo wirklich nicht jedem der Gedankengänge und Spielzüge folgen konnte, die Komik ansteckend. Man fieberte mit „Wir“ auf dem Platz mit. Und konnte letztlich den Abschlussmonolog Nietzsches nachvollziehen: Der Ball ist tot. Wir haben ihn getötet. Philosophen haben auf dem Platz nichts verloren. Denn arrogant wie Adorno oder dogmatisch wie Marx sind sie doch Einzelgänger und keine Mannschaftssportler. Auch wenn Schiller letztlich das Unentschieden dadurch rettet, dass er sich selbst einwechselt. Ein großartig unterhaltsamer Abend im Roten Salon!