Wenn man sich im Bereich der freien Musikszene bewegt, stößt man häufiger auf einige Musikstile als auf andere. Soul und seine Spielarten (jedenfalls im klassischen Sinn) zählen hier zu den echten Raritäten. Da freut man sich besonders, wenn man auf ein Album wie "On My Own" von Leo Bowers stößt.
Der Beruf eines Musikproduzenten ist heutzutage so einfach zu ergreifen wie nie. Einsteigertechnik ist im Prinzip schon in jedem handelsüblichen Computer vorhanden. Und fehlende Teile kann man leicht kaufen. Viele Bands beschließen daher, sich völlig von den Produktionsmechanismen der Musikindustrie zu verabschieden und alles in die eigenen Hände zu nehmen. Leider klingen viele auf entsprechenden Webseiten oder in Communities veröffentlichte Werke dann auch genauso: Wie billige Anfängerübungen.
Denn um Songs im richtigen Sound und Mix zu ihrem Recht kommen zu lassen, das ist nur von Leuten hinzubekommen, die sich von der Anfängertechnik irgendwann gelöst haben, und ihre Klangideale nicht der billigen Technik und der eigenen Unerfahrenheit opfern wollen. Das braucht neben guten Ohren und einem hervorragenden Musikgeschmack auch jahrelange Arbeit – und ne Menge Geld für ein ansprechendes Equipment. Leo Bowers gehört hörbar zu den Leuten, die das verinnerlicht haben: "On My Own" ist ein für Jamendo-Verhältnisse hervorragend produziertes Album.
Doch ich würde mir die Zeit nicht nehmen, über es zu schreiben, wenn es nicht gleichzeitig ein Album wäre, was einprägsame und hitverdächtige Pop- und Soulsongs enthält. Bowers bewegt sich mit seinen Songs im Bereich zwischen Soul und Rock. Und mit Liedern wie "Rockabilly Anna" oder "Let's Get On" hat er in beiden Bereichen echte Ohrwürmer geschaffen, die nicht nur in das Mainstream-Radio passen würden sondern auch dem musikalischen Genießer Spaß machen.
Was dem Album fehlt ist allerdings eine stilistische Klammer. Die verschiedenen Songs stehen für meinen Geschmack ein wenig zu beziehungslos nebeneinander. "On My Own" wirkt so eher wie ein musikalisches Tagebuch eines Songschreibers und Produzenten und weniger wie ein Album als Gesamtkunstwerk.