CoverEs gibt Platten, die entziehen sich erfolgreich einer Kategorisierung. Mit einer Mischung als Jazzklängen, ein wenig Folklore und jeder Menge Sprachgewalt haben King Oliver's Revolver einen Songzyklus aufgenommen, der kaum seinesgleichens haben dürfte in der Gegenwart.

Nein, darauf konnte man nicht vorbereitet sein. Die Bläser verbreiten eine Jazzatmosphäre wie in New Orleans in den 20ern, das Harmonium nimmt einen dann noch ein wenig in Richtung eines Orchesters der Heilsarmee mit. Manchmal klingt das Orchester auch wie die Band eines längst weitergezogenen Zirkus. Doch statt die Klassiker der Zeit nachzuspielen singt das Oktett aus Schweden über ganz gegenwärtige Geschichten, über den Alltag in Bagdad etwa (obwohl der dann auch wieder durch Referenzen ans Alte Testament gebrochen oder erläutert wird), über die Sehnsucht nach einer heilen Heimat, über Drogen und natürlich auch über die Liebe. Das hat eine musikalische und textliche Gewalt, wie ich sie schon lange nicht mehr gehört habe.

Wenn man in popmusikalischen Schubladen denkt, dann sortiert man King Oliver's Revolver wahrscheinlich ihrer musikalischen Formen wegen in die Retro-Szene ein. Doch letztlich ist "Gospel of The Jazz Man's Church" damit nicht getroffen. Denn hier ist der Bezug auf die Musikgeschichte nicht zu vergleichen mit dem postmodernen Suchen nach immer neuen und noch nicht ausgespielten Stilzitaten. Sondern der Jazz der Frühzeit mit ihren "späteren" Einwürfen (wenn etwa die Band plötzlich ein wenig auch nach den Balladen der Beatles klingt) dient konsequent dazu, die Botschaften der Lieder zu unterstützen. Vergleichbar ist diese Radikalität der scheinbaren Verhaftung in der Vergangenheit bei gleichzeitigem Gegenwartsbewußtseit am ehesten noch mit dem durchgeknallen Australier C.W. Stoneking – oder auf einer etwas anderen Ebene mit Pokey LaFarge aus St. Louis.

Erscheinen wird das beim deutschen Label Waggle-Daggle verlegte Album am 8. Juli.