Handgemachte und zutiefst persönliche Musik sollte der Blues nach Meinung des Gitarristen Kai Strauss sein. Und genau das zelebriert er mit seinen Electric Blues Allstars auch auf seinem neuen Album „Getting Personal“. Zu Gast waren dabei unter anderem der texanische Gitarrist Tony Vega, Big Daddy Wilson und Sax Gordon.
Vom Chicagoblues zum Memphis Soul, vom Boogie Woogie zum Soul – der Blues im 21. Jahrhundert hat sich von den historisch entstandenen stilistischen Variationen längst etabliert. Heutzutage wechseln Musiker hin und her zwischen den Stilen und Spielweisen. Und genau das ist eine der Ursachen dafür, dass der Blues noch immer höchst lebendig ist und nicht längst im Museum verstaubt.
Die andere Ursache ist, dass Blues und verwandte Musikstile eben zutiefst persönliche Ausdrucksweisen von Künstlern erfordert und damit in Zeiten von am Fließband generiertem Pop einen Kontrast bieten, einen Hauch von Ehrlichkeit und Echtheit.
Der aus Osnabrück stammende Gitarrist Kai Strauss gehört in Europa zu den Musikern, die bei aller Liebe zu der großartigen Bluesgeschichte immer auch diese persönliche Ebene des Blues in den Vordergrund holen. Nicht von ungefähr nennt er sein Album denn auch „Getting Personal“. Wenn er – ob nun im rockigen Chicagoblues, im Soul oder bei rollenden Boogies – seine Gitarre spielt, dann ist das immer ein Musiker, der mit Herz, Seele und Händen bei der Sache ist. Und genau das zeichnet auch seine Electric Blues Allstars aus. Man höre nur mal den über neun Minuten langen „Blues For Anne“: Wie die Band hier zurückhaltend Strauss und Tony Vega den Background für einen lyrischen Slowblues bietet und gleichzeitig die Spannung zunächst unmerklich, dann letztlich unaufhaltsam steigert, das ist einfach nur großartig.
Höhepunkte der Scheibe sind neben dem Opener „The Blues Is Handmade“ für mich vor allem „I Can’t Wait“, bei dem Big Daddy Wilson als Gast am Mikrophon zu hören ist, der leichtfüßig swingende Titelsong und der wundervolle Boogie „Get The Ball Rolling“.
Als Kai Strauss sein erstes Album mit den Electric Blues Allstars veröffentlicht hatte, sah ich das mehr als ein kurzes Projekt an und wartete mehr auf ein neues Lebenszeichen seiner Kai Strauss Band. Mit „Getting Personal“ ist klar: Hier ist eine Bluesband zu hören, die es wirklich schafft, jenseits historisch korrekter Erbepflege den Blues fortzuschreiben in der einzigen relevanten Weise: als zutiefst persönliche Musik. Und das macht diese Scheibe zu einer der Empfehlungen für Freunde des elektrischen Blues der letzten Monate.