Wer den Gitarristen Jochen Volpert bislang nur über seine Session-Alben 50.1. und 50.2 kennengelernt hat, dürfte hier zumindest verblüfft sein: Statt einen Bluesgitarristen erlebt man ihn auf „Split Personality“ konsequent zwischen den verschiedensten Stilen. Ein herausforderndes Album für Puristen!

Jazz trifft auf Rock und Blues. Fusion nannte man das in den 70er Jahren. Und damit verbunden war zumeist ein Naserümpfen der Kritiker: Ausverkauf des Jazz nannte man das damals, Ausverkauf an den Kommerz, Verrat der reinen Musik zu Gunsten von eingängigeren Rockstrukturen. Kompletter Nonsens waren solche Urteile schon damals. Vielmehr ging es damals einfach darum, die unnötigen Stilgrenzen niederzureißen, um frei zu werden für die unendlichen Möglichkeiten der Musik.

Wenn „Split Personality“ loslegt, dann sind solche Assoziationen an die 70er nicht zu vermeiden. Hier ist eine Jazzrockband zu erleben, die von Volperts Gitarre geprägt wird. Wer sich hier an Jeff Beck erinnert fühlt, geht wahrscheinlich nicht ganz fehl. Schließlich präsentiert Volpert auf dem Album dann noch ein ganzes Stück als Hommage an den Gitarristen, der wie er immer konsequent zwischen Blues, Jazz und Rock sich aufhält und dort seine ganz eigenen Klangwelten erschafft.

Allerdings lässt sich das Album nicht auf Volpert und seine Gitarre beschränken, so großartig und durchgeknallt manche Soloeinlagen auch sind. Für mich wird es immer dann spannend, wenn Carola Thieme mit ihrer faszinierend tiefen Stimme als Sängerin zwischen Blues und Jazz einen Kontrast setzt: Diese Stimme bringt zu der für meine Ohren oft industriell kalten Gitarre Blues und Soul hinzu. Wo Volpert sich auf seinen Saiten austobt, da bringt Thieme menschliche Wärme und bewusste Einfachheit hinzu und erdet das Album. Und es sind vor allem die Bluessongs wie „The Truth“, die in meinen Ohren und meinem Herzen am meisten Widerhall erzeugen. 

Für Bluespuristen dürfte „Split Personality“ nicht die richtige Empfehlung sein. Wer allerdings wie ich der Meinung ist, dass spannende Musik immer an den Kreuzungen und jenseits der ausgetretenen Pfade zu entdecken ist, hat an diesem Album auf jeden Fall viel Spaß.