Jakob Heins Roman „Herr Jensen steigt aus“ schildert komisch, lustig und leicht aber irgendwie gruselig das Schicksal eines Arbeitslosen. Die akutellen Vorfälle um einen Greifswalder, der durch das Arbeitsamt letztlich in die Obdachlosigkeit gedrängt wurde, macht den Roman erschreckend aktuell.
Wie aktuell kann ein Roman sein? Effi Briest, die Buddenbrocks sprechen den Menschen seinerzeit aus dem Herzen. Über seinen Zauberberg sagte Thomas Mann selbst, er sei offenbar genau zur rechten Zeit erschienen. Christoph Heins Werke kamen in den 80er Jahren mit höchster aktueller Brisanz auf den Markt: Horn aus „Horns Ende“ wird „geschichtlich notwendiges Unrecht“ angetan), „Der Tangospieler“ verbüßt zwei Jahre Haft wegen eines Kabarettliedes. Hat Jakob Hein des Vaters Gabe geerbt, zur rechten Zeit das Rechte zu schreiben?
Sein Roman „Herr Jensen steigt aus“ mutet an, als habe er schon zwei Jahre vor Greifswalds aktuellem Fall Menschen gekannt, denen Obdachlosigkeit drohte, weil Behörden ihre Pflicht erfüllten. Davon jedenfalls handelt das Buch auch; hauptsächlich jedoch wird Hernn Jensens Psyche dem Leser so plausibel, logisch und taktvoll vor Augen geführt, dass es einem unheimlich zumute wird. „Komisch, leicht, lustig“, beurteilte Elke Heidenreich das Buch, „und irgendwie auch gruselig“, fügte sie hinzu. Zwei Jahre nach seinem Erscheinen möchte man den Roman trotz seiner artistischen Leichtigkeit nur „gruselig“, ja deprimierend, nennen.
Dem Protagonisten wird „als Teil eines Sozialplans“ gekündigt, „um Kündigungen zu vermeiden“. Wie Jakob Hein das erklärt oder eine Umschulungsmaßnahme beschreibt, ist bereits die Lektüre des ganzen Buches wert! Der Leser kann sich auch nicht der Logik entziehen, mit der der Arbeitslose darüber sinniert, warum man ihm eine Arbeit geben wolle, „obwohl es angeblich so wenig Arbeit gibt… Angeblich gibt es doch viele Menschen, die eine Arbeit suchen, warum bieten sie nicht diesen Leuten Arbeit an?“ Herr Jensen empfindet die Briefe vom Arbeitsamt als aus einer Scheinwelt kommend, in der er nicht mehr lebt. Zu welchen Konsequenzen ihn das fürt, sei dringend empfohlen selbst nachzulesen. Es ist eine Weiterbildung in Psychologie, jedoch wie Elke Heidenreich sagte, „komisch, leicht, luststig und irgendwie auch gruselig zu lesen“ – und schnell (130 Seiten) sowie in alter Rechtschreibung.