Im Frühling 1927 überflutete der Mississippi nach Wochen endlosen Regens Damm nach Damm, setzte tausende Farmen und hunderte Städte unter Wassser, tötete rund 1000 Menschen und hinterließ rund eine Million Obdachloser.
Das Delta war hauptsächlich von armen schwarzen Share-Croppers bevölkert, die das Land für weiße Farmer bewirtschafteten. Diese herrschten in der Region wie Feudalherren. Es war ein System der Ausbeutung, in dem die weißen Landbesitzer Reichtümer anhäuften und die schwarzen Arbeiter oft nicht einmal genug zu Essen hatten.
Eine der von der Flut hart getroffenen Städte war Greenville. Dort wurden Hilfsgüter für die durch die Überschwemmung obdachlos gewordenen Menschen nach Rassenunterscheidung verteilt. Im Ergebnis erhielten die Amerikaner afrikanischer Abstammung oft nichts. Und um dieser Ungerechtigkeit noch eine Beleidigung hinzuzufügen, wurden schwarze Männer zusammengetrieben und gezwungen, die Dämme wieder aufzubauen. Die bittere Erfahrung der schwarzen Menschen aus der ihnen währen der Katastrophe widerfahrenen Behandlung durch Weiße führte zu einer großen Abwanderung von Sharecroppers in die Städte des Nordens.
Über die Flut von 1927 wurden rund 30 Lieder von Bluesmusikern aufgenommen. Barbecue Bob aus Atlanta beschreibt im „Mississippi Heavy Water Blues“ etwa, wie er seine Frau verlor, die von den Fluten weggerissen wurde. Der Texaner Blind Lemon Jefferson nahm ebenso einen Flut-Song auf Platte auf, den er oft im Delta gespielt hatte, wie Lonnie Johnson, der damals in St. Louis wohnte. Das wohl berühmteste Lied über die Flut hatte wahrscheinlich Bessie Smith im Repertoir, obwohl der „Back Water Blues“ schon aufgenommen war, bevor die Flut im Februar 1927 begann. Doch die Platte kam genau dann heraus, als die Katastrophe anfing und wurde dadurch zu einem großen Hit.
Der für heutige Bluesfans geläufigste Blues über die Flut ist „High Water Everywhere“ von Charley Patton. Aufgenommen wurde er erst einige Jahre nach der Überschwemmung, doch da Patton aus dem Delta stammte, ist es wahrscheinlich, dass er ihn schon eher komponiert hatte. Das Lied erzählt bildhaft von den Ergebnissen der Flut und Charlie erzählt darin, dass er in das benachbarte Hügelland gehen wolle, doch man habe ihn „eingesperrt“ („they got me barred“). Wahrscheinlich ist das ein Hinweis auf die Zwangsarbeit farbiger Männer bei der Reparatur der Dämme.
Hier sind es wie es bei Natur- oder anderen Katastrophen immer der Fall ist, die Armen, die am meisten leiden müssen. Der Weltentwicklungsbericht der Weltbank für das Jahr 2014 stellt festi, dass es die Armen sind, die am anfälligsten sind für Dürren, Epidemien, Tsunamis, Gewaltverbrechen oder Finanzkrisen. Naturkatastrophen treiben Arme oder Menschen, die nahe der Armutsschwelle leben, immer tiefer in die Armut hinein. Sie zerstören die Ernten, Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Infrastruktur und Schulen und führen zu allem Unglück oft noch zur Ausbreitung ansonsten vermeidbarer Krankheiten.
Wir alle wissen von dem verheerenden Taifun, der die Philippinen am 10. November getroffen hat. Momentan weiß man von 5000 Menschen, die dabei ihr Leben verloren haben. Doch noch immer werden viele vermisst und so wird befürchtet, dass die Zahl der Toten bis auf 10000 steigen könne. Hinzu kommt, dass durch den Sturm mindestens vier Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden. Die meisten davon sind Menschen, die schon vorher am Rande des Abgrunds lebten und sich nun einem unvorstellbaren Kampf gegenüber sehen, ihr Leben neu aufzubauen. Wenn Ihr nicht bereits einen Beitrag geleistet habt, diesen Menschen etwas zu helfen, rufe ich Euch dringend dazu auf, an eine der Hilfsorganisationen, die vor Ort aktiv sind, eine Spende zu schicken, etwa an das Rote Kreuz, Oxfam oder World Vision.
Stunden bevor der Taifun Haiyan die Philippinen erreichte, war Naderev Sano, der Leiter der nationalen Klimakommission, von Manila abgeflogen, um an der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Warschau teilzunehmen. Als der junge Wissenschaftler und Diplomat am Tag nach dem Sturm das Wort an die Delegierten von 190 Ländern richtete, waren ihm die Zerstörung und das Leid bewusst, das seine Heimat getroffen hatte. Sein eigener Bruder half dabei, Menschen aus den Trümmern zu befreien. Sano hielt eine außerordentliche, leidenschaftliche Rede, in der er klar den Zusammenhang zwischen dem Super-Taifun Haiynan und dem von Menschen hervorgerufenen Klimawandel hinwies. Er wollte die Welt zum Aufwachen bringen, sich der Realität dessen zu stellen, was von Lateinamerika über Südost-Asien bis hin in die Vereinigten Staaten passiert. Scharf kritisierte er die reichen Lander und forderte diejenigen, die noch immer einen Klimawandel verleugneten, forderte er auf, in sein Land zu kommen um mit eigenen Augen zu sehen, was vorgeht. Als er sich setzte, begann er zu weinen. Für seine Rede erhielt er stehende Ovationen.
Sano hat jetzt eine Neudefinition des Begriffs des „Katastrophe“ gefordert. „Wir müssen aufhören, Geschehnisse wie dieses eine Naturkatastrophe zu nennen,“ teilte er den Vereinten Nationen mit. „Es ist nicht natürlich, wenn die Wissenschaft uns bereits heute sagt, dass die globale Erwärmung zu immer stärkeren Stürmen führt. Es ist nicht natürlich, wenn die Menschheit das Klima schon deutlich verändert hat.“
Unter die Klimaforschern wird es immer mehr zum Konsens, dass die Häufigkeit von Super-Stürmen bereits zugenommen hat. Haiyan war bereits der dritte dieser Superstürme, der die Philippinen in einem Jahr getroffen hat. Er folgte auf sieben starke Taifunstürme allein im Monat Oktober. Grobe Statistiken der philippinischen Regierung legen in der Tat nahe, dass die Taifune in der Region tatsächlich an Stärke zugenommen haben. Insgesamt seien die Beweise dafür überwältigend, dass der Klimawandel am meisten die Entwicklungsländer beträfe, sagt Oxfam, die in den anfälligsten Ländern arbeitet. „Wenn die Temperaturen ansteigen, werden viele der gefährdetsten Menschen der Welt sich mit höheren Risiken auseinandersetzen müssen: mit intensiveren oder länger andauernden Dürren, extremen Regenfällen und Hitzewellen“, heißt es in einem gemeinsamen Report des in London ansässigen Think Tanks, The Overseas Development Institute, des Met Office und Risk Management Solutions.
Diejenigen von uns, die in entwickelten Ländern leben, haben normalerweise den Wohlstand und eine Infrastruktur zur Verfügung, die den schlimmsten Auswirkungen von Naturkatastrophen wiederstehen kann. Für die Menschen in ärmeren Ländern ist das nicht der Fall. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Frage des Klimawandels in einer aufrichtigeren Weise von den wohlhabenden Nationen behandelt wird. Das selbstsüchtige, nur auf kurzfristige Ergebnisse zielende Verneinen des Klimawandels, das ewige Bremsen bei Veränderungen muss aufhören. Wir alle müssen einen langen, harten Blick auf die schrecklichen Bilder der leidenden Menschen werfen, die uns von den Philippinen erreichen. Und wir müssen unsere Regierungen dazu drängen, ihre Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel zu verstärken.<br />