Höhepunkt des Tages ist zweifellos das vom NDR für die Ausstrahlung auf NDR-Kultur aufgezeichnete Konzert der Stettiner Camerata Nova unter Leitung von Eugeniusz Kus um 20 Uhr im Dom St. Nikolai: „Stabat mater“. Die mittelalterliche lateinische Dichtung um die schmerzvoll unter Jesu Kreuz stehende Gottesmutter Maria, bekannt aus der katholischen Liturgie, ist vielfach vertont worden. Hier erklingen drei ganz unterschiedliche Fassungen zeitgenössischer Komponisten aus Norwegen, Finnland und Polen, ergänzt um Werke von Edvard Grieg.
Am Tagesanfang steht in der Geistlichen Morgenmusik Bachs „Geniewerk“ (Alfred Dürr), das er mit 22 Jahren komponierte, die Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ (BWV 106), die unter dem Namen „Actus tragicus“ bekannt wurde (10 Uhr im Dom St. Nikolai). Die Predigt hält der mit der neuen Nordkirche ebenso neu gekürte Propst Gerd Panknin. Zu seiner „Propstei Demmin“ des „Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises“ gehört nunmehr auch die Bachwochenstadt Greifswald.
Das Kammeroratorium „Fest des Lebens“ des langjährigen Künstlerischen Leiters der Greifswalder Bachwoche, KMD Manfred Schlenker, nach Texten von Horst-Diether Finke beschreibt einen Gang durch das Jahr als Gleichnis für unser Leben. An dieser kosmischen Schau interessiert den Komponisten besonders, „dass bestimmte Wellen unter irdischen Bedingungen Klänge und Töne erzeugen.“ Der Mensch könne daher mit Hilfe von Rhythmus, Harmonie und Melodie „das Urmedium Musik“ entwickeln – „eine kostbare, allgemeingültige Lebenshilfe!“ (Aula der Universität, 11.30 Uhr)
Für Geschichtsinteressierte gibt es um 14.30 Uhr im Lutherhof eine Buchvorstellung des emeritierten Rendsburger Kirchenmusikdirektors Hans Jürgen Baller: „Versöhnung durch Musik“, ein bewegender Bericht über Initiativen, mit denen er von 1951 bis 1993 als Organist und Kantor mittels der Kir-chenmusik immer wieder Kontakte zwischen Ost und West geknüpft hat. 1992/93 sprang Baller als Direktor des Kirchenmusik-Instituts sowie als Künstlerischer Leiter der Greifswalder Bachwoche ein.
Im festlichen Raum der Aula der Universität geht es danach (16 Uhr) gleich weiter mit dem Cembalokonzert des international gefragten Cembalisten, Organisten und Fortepianisten Zvi Meniker. Neben Werken von Johann Sebastian Bach spielt er u.a. Stücke von Bachs verehrtem Lehrer Johann Adam Reincken. Von Bachs „Capriccio sopra la lontananza de il fratro dilettissimo“ (Capriccio über die Abreise des sehr geliebten Bruders) wird traditionell angenommen, dass Bachs Bruder Johann Jacob (1682–1722) Adressat war. 1704 trat dieser als Oboist in die schwedische Armee ein.
Ganz spät am Abend wird es dagegen noch einmal richtig laut, aber nicht nur das: Gewaltiges Blech, virtuose Percussion, dazu noch die Königin Orgel und in alles eingebettet die Einzigartigkeit einer wunderbaren menschlichen Stimme: Das Brasscussion-Konzert bietet neben eigens für diese Bachwoche geschriebenen Werken (Jochen A. Modeß’ „Nordic Walking“) auch eine umwerfende Mahler–Bearbeitung: Konzert „Urlicht“, St. Jacobi, 22 Uhr.