Von Clapton durch die Musikgeschichte hin zu traditionellen Bluesklängen ging für Franc Robert die musikalische Entwicklung seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Mit seiner aktuellen Band The Boxcar Tourists präsentiert er auf „Mulligan Stew“ eine Mixtur aus rockendem Blues und akustischen Nummern.
„Let‘s Go Jukin“ – mit dieser nach vorne losgroovenden Nummer eröffnen Franc Roberts und seine Boxcar Tourists ihren „Mulligan Stew“. Wobei hier bewusst offenbleibt, ob auf den 1979 erschienenen Roman von Gilbert Sorrentino über das Scheitern eines Autors oder auf die improvisierten Mahlzeiten der amerikanischen Tramps zu Anfang des 20. Jahrhunderts angespielt wird. Allerdings ist die zweite Version angesichts der musikalischen Vielseitigkeit des Albums einleuchtender. Den so wie für den Mulligan sämtliche verfügbaren Zutaten von Zwiebeln, Kartoffeln, Brot, geklauten Hühnchen und ähnlichem in einem Topf zusammen gekocht werden, so finden sich hier Nummern, die vom Bluesrock a la Texas über Slide-Blues auf der National Steel in der Nachfolge von Son House und Robert Johnson bis hin zu swingendem Rhythm & Blues und Soulblues all das haben, was für ein abwechslungsreiches Gericht = Album notwendig ist. Und von Scheitern ist auch nichts zu hören. Nein, hier wird frei von der Leber weg gespielt, dass man sic manchmal gar an Johnny Winters „Progressive Blues Experience“ erinnert fühlt: Hier knieen sich Musiker mit Engagement so lange in einen Song, bis jede einzelne Nuance logisch und zwingend ist.
Die Themen klingen nach der Zeit der Hobos, wenn von Dampflokomotiven gesungen wird. Aber gleichzeitig wird jeder Nostalgie vorgebeugt: Blues ist für Franc Robert eben keine abgeschlossene Geschichte, sondern ein lebendiger Prozess des Musizierens. „Mulligan Stew“ ist so nicht mit geografischen Platzierungen zu fassen: Robert stammt aus Montreal und lebt heute in Florida. Doch als Bluesmusiker im 21. Jahrhundert hat er sämtliche Regionalstile und -spielweisen verinnerlicht. Dass er zunächst von Eric Clapton, Buddy Guy oder auch Robert Cray beeindruckt wurde, ist vor allem in den heftigeren elektrischen Nummern spürbar. Seine Liebe zum frühen Mississippi-Blues ist in Songs wie „Lay My Body Down“ zu spüren. Insgesamt ist „Mulligan Stew“ ein herausragendes Album des Jahres 2012 und kann nur wärmstens weiterempfohlen werden.