paperboyOk, um den Spitznamen „Paperboy“ soll es hier nicht gehen. Denn „Roll With You“ von Eli „Paperboy“ Reed mit seiner Band The True Loves ist ein wirklich großartiges Soulalbum.

Immer wieder wird man von jungen Musikern überrascht, die völlig überzeugend Soul singen können und das auch wirklich ohne Anpassungen an den modernen RnB oder Hiphop durchziehen. Mitte 20 ist Eli Reed, der in früheren Jahren immer mit einem seltsamen Hütchen rumrannte, und deshalb „Zeitungsjunge“ genannt wurde. Doch das hat mit der Musik, die er auf seinem 2008 veröffentlichten Album „Roll with You“ spielt, überhaupt nichts zu tun. Im Übrigen auch nichts mit Amy Winehouse, auch wenn manche Kritiker nach Hören der Scheibe der Frau eine Warnung vor ernster Konkurrenz zuriefen. Solch Namedropping kommt immer gut, wenn man auf die Treffer von Suchmaschinen angewiesen ist, hat mit der Sache aber nichts zu tun.

Eli Reed hat es geschafft, Boston auf der Landkarte des Soul zu platzieren. Keine geringe Leistung. Und er schafft es, die hippe Internetgemeinde ebenso zu seinen Konzerten zu locken wie Oldtimer, die noch Erinnerungen an Konzerte von Otis Redding haben.

Was die 2004 erschienene Scheibe „Walking and Talking“ noch ein fast klassisches Bluesalbum, hat sich Eli Reed mit seiner Band mittlerweile zu einem hervorragenden Soulsänger entwickelt, der die Wurzeln des Gospel (er hat sogar ne ganze Weile die Band eines Gospelchores in einer farbigen Kirche geleitet) ebenso in sich aufgesaugt hat, wie die Power von Sängern wie Otis Redding, Sam Cooke oder Wilson Pickett. Seine schiere Präsenz kann einen selbst bei Studioaufnahmen regelrecht vom Hocker reißen. Ähnliches gilt auch von seiner Begleittruppe samt fetten Bläsern und Hintergrundchören. Old-School-Soul ist das, wie ihn Amy Winehouse hinbekommen würde, wenn sie sich a von den Drogen lösen und b auf jegliche Modernismen in der Produktion verabschieden würde. Also wohl eher nie. Musikalische Vergleiche sind statt dessen zu James Hunter (auch wenn der wesentlich sanfter zu Werke geht) oder Naomi Shelton (mit  weniger Gospel) angebracht.


Der Sound der Scheibe ist klar an den Idealen der 60er orientiert. Doch Reed selbst macht mit seinen Songs deutlich, dass er die Geschichte der Soulmusik wirklich kennt. Denn damals wäre solch ein Mix, der Anklänge sowohl an Motown wie an den Funk von James Brown, an Memphis und die Bläsertruppen von Atlanic enthält, kaum vorstellbar gewesen. Und somit ist „Roll with You“ eine würdige Fortschreibung der Geschichte. Das Album gehört in jede ernstzunehmende Soulsammlung hinein.