Janiva MagnessKeine Ahnung, wieso es schon wieder Dezember ist. Aber auf dem Markt kann man froh sein, wenn man „Last Christmas“ entgeht und nur von einer Ladung „Felice Navidad“ getroffen wird. Zeit also, beim Glühwein zurück zu schauen, was so an neuen und alten Meistern auf Platte gepresst wurde. Man muss ja nicht unbedingt eine numerierte Bestenliste draus machen.

Für mich begann das Jahr mit einer faustdicken Überraschung – Janiva Magness war mir vorher völlig unbekannt. Doch als „The Devil Is An Angel“ in den Player kam, war ich stehenden Fußes überwältigt. Wo ich überhaupt sagen muss: 2010 war für mich das Jahr der Blues- (&Soul-) Frauen: Da sind Dani Wilde und Joanne Shaw Taylor mit ihren wundervollen zweiten Alben, da waren Mavis Staples und Bettye LaVette mit großen Alterswerken. Außerdem gab es neue Stücke von Sharon Jones zu entdecken. Und es erschien Chrissie O’Dell auf der Szene mit einer Platte, der man nicht anhört, dass es ein Debüt ist.

Als Überraschung tauchte auch Cydie Lauper mit ihrem „Memphis Blues“ auf. Sie war lediglich die erste Vertreterin einer langen Liste von Musikern, von denen man Bluesalben eigentlich nicht unbedingt erwartet hatte. Aber anders als Tom Petty, Steve Miller oder andere wusste sie auf diesem Feld halbwegs zu überzeugen. Wie auch Nina Hagen mit ihrer Gospelplatte „Personal Jesus“.

Bei den Herren des Blues waren es vor allem die ganz großen Altmeister, die zu überzeugen wussten. Ganz voran natürlich Buddy Guy, dessen „Living Proof“ ein echtes Highlight für jeden Fan ist. Als Autobiographie unwahrscheinlich ergreifend war auch „The Well“ von Charlie Musselwhite. Aber auch das von Willie Mitchell produzierte vorletzte Album „Nothing Is Impossible“ des verstorbenen Solomon Burke bleibt mit seiner melancholischen Schönheit über den Tag hinaus gültig. Und als Bandalbum sicherlich die wundervollen „London Days“ von BB & The Blues Schacks – eine elegante und mitreißende Fusion von Soul und Blues. In dieser Soul-Ecke muss man natürlich noch „Come And Get It“ von Eli „Paperboy“ Reed erwähnen. Oder auch Fitz & The Tantrums mit „Pickin Up The Pieces“. Und natürlich das jetzt zum Jahresende erschienene „Brazilian Kicks“ von Igor Prado & Lynwood Slim. Für mich die Neuentdeckung schlechthin bei den Bluesmen ist Arsen Shomakov mit seinem Debüt für Blues Leaf „On The Move“.