Mit Black Celebration brachten Depeche Mode 1986 eines ihrer finstersten Alben heraus. Ohne den Pop zu verlassen zelebrieren sie hier schwarze Romantik.
Die Könige der Finsternis! Mit „Black Celebration“ brachten Depeche Mode 1986 eines ihrer finstersten, (heute würde man sagen) stark am Gothic-Stil angelehnten, Alben heraus. Es ist ein von schwarzer Romantik durchzogenes Werk, ohne indes erprobtes Pop-Terrain zu verlassen. So trostlos, düster und nihilistisch war keine ihrer Scheiben zuvor. Zu dieser Zeit war ich 14 Jahre alt und behaftet mit pubertären Problemen, wie die Anderen in meiner Altersklasse. Ich habe dieses Album geliebt und liebe es noch heute. Damals wurde „BC“, wie die Fangemeinde das Album nannte, von ORWO-Kassette zu ORWO-Kassette überspielt – zum Leidwesen der Qualität. Aber uns war es egal. In Momenten der Selbstverabscheuung wurde der SKR 700 hinter verschlossenen Türen eingeschaltet, die Kopfhörer aufgesetzt und (so laut es ging) die Musik der vier Engländer gehört. Das breite Spektrum an Gefühlen wurde mit „BC“ bedient – hervorgerufen – gesteigert, egal ob Aggression, Verliebtsein oder Herzschmerz. Das Album möchte ich aus heutiger Perspektive als geschmackvoll minimalistisch bezeichnen. Die wenigen in den Songs dominanten Sounds ummanteln den Zuhörer, bis man unter dem Gewicht der Dunkelheit und Trostlosigkeit zusammenbricht.
Schon der Opener, der dem Album seinen Namen verlieh, kommt fast hymnisch daher und stimmt den Hörer auf ein besonderes Musikerlebnis ein. Der Rhythmus ist von verhaltenen tiefen Sechzehntelnoten geprägt, die in die Synthesizer gehämmert werden. Dazu ein düsterer Soundteppich gepaart mit dem omnipräsenten Bariton von Dave Gahan erzeugen noch heute bei mir die allseits bekannte Gänsehaut – und die Schauer, die einem über den Rücken jagen, will ich auch nicht unterschlagen. Und diese Erscheinungen bleiben beim Hören des Albums durchgehend bestehen. „Fly on the windscreen – final“, die Ur-Version war B-Seite der Single „It´s called a heart“ aus dem Vorjahr, ist vom Tempo etwas langsamer, aber steht dem Opener in Sache Melodik, Klangfläche und Tiefe in Nichts nach. Der dritte Song „A question of lust“ ist ein Liebeslied (eine Schnulze – siehe „Somebody“ vom 1984ger Album), gesungen von Martin Gore. Meine damalige Freundin mochte diesen Song – ich nicht (Ausnahmen diesbezüglich bildeten nur gewisse Momente). „Sometimes“, auch ein langsamer Song, wird getragen von der zaghaften musikalischen Untermalung eines Klaviers. „It doesn´t matter two“ ist herrlich melancholisch und ruhig. Mit dem nachfolgenden „A question of time“ verlässt der Hörer das seichte Wasser und wird rockig im Viervierteltakt zum Tanzen gezwungen. Der Song vermittelt eine aggressive Grundstimmung. Auch hier wird ähnlich wie im Opener auf die Synthesizer eingedroschen. Im nächsten Song wird es wieder hymnisch – „Stripped“. Eine liedgewordene Harmonie aus Klang, Sound, Samples und Gesang. Das Lied des Albums schlechthin. Mein Lieblingslied von DM bis heute. Der perfekte Song! (So nun reicht es aber: Ich rufe mich zur Ordnung. – Anm. d. Verf.) Neben diesen beschriebenen Songs sind die anderen vier Stücke nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern besitzen ihre eigenen Reize – insbesondere der Schlusstrack „New Dress“. Er verabschiedet den Hörer mit einer aggressiven, sozialkritischen Note aus dem Klangerlebnis. Das Album wirkt im Ganzen hypnotisierend, einprägsam, harmonisch-romantisch – und es erinnert mich an eine schräge Teenagerzeit. Ein Muß für Jeden – unbedingt empfehlenswert. Wo ist die „Repeat“-Taste?
Hörempfehlungen: unbedingt „Stripped“ – und die restlichen Songs